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LESEJAHR B

Die Fastenzeit

4. FASTENSONNTAG

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Joh 3,14-21
 
Gott hat seinen Sohn in die Welt gesandt, damit die Welt durch ihn gerettet wird
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
 
In jener Zeit sprach Jesus zu Nikodemus:
14 Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muß der Menschensohn erhöht werden,
15 damit jeder, der (an ihn) glaubt, in ihm das ewige Leben hat.

Den Lehrer des mosaischen Gesetzes [sc. Nikodemus] führt [Jesus] auf den geistlichen Sinn des Gesetzes. Er erinnert an eine alte Geschichte und macht deutlich, daß sie als Vorausbild seines Leidens und der menschlichen Erlösung geschehen ist. (Beda)

An den Schlangenbissen starben viele in der Wüste. So erhöhte Moses auf die Weisung des Herrn hin in der Wüste die eherne Schlange: wer sie anblickte, wurde sogleich geheilt. Die erhöhte Schlange ist der Tod Christi, insofern hier das Verursachte durch den Verursacher bezeichnet wird; denn von der Schlange kommt der Tod. Sie brachte den Menschen dazu zu sündigen, und dafür verdiente er den Tod. Der Herr aber nahm in seinem Fleisch nicht die Sünde auf sich (die gleichsam das Gift der Schlange ist), sondern den Tod. So war er dem schuldbeladenen Fleisch [sc. von uns Menschen] ähnlich, in ihm war die Strafe ohne die Schuld. Dadurch wurde für das schuldbeladene Fleisch die Strafe und die Schuld aufgehoben. (Augustinus)

Sieh auf das Vorausbild im Hinblick auf die Wahrheit: Die [eherne] Schlange sieht zwar aus wie ein Tier, hat aber kein Gift. So erscheint auch Christus in seinem Kommen dem schuldbeladenen Fleisch ähnlich, ist aber frei von Sünde. [...] Adam ist zurecht gestorben, weil er gesündigt hatte; der Herr aber hat den Tod zu Unrecht erlitten, da er keine Sünde begangen hatte. Nachdem er den ungerechten Tod auf sich genommen hatte, besiegte er den, der ihm dem Tod ausgeliefert hatte [sc. den Fürsten dieser Welt], und befreite so Adam vom Tod. Darin sah sich [der Teufel] besiegt: Er konnte am Kreuz den Herrn nicht dahin bringen, daß er die haßte, die ihn kreuzigten; er liebte sie sogar und betete für sie. Dadurch also ist das Kreuz Christi seine Erhöhung und Herrlichkeit geworden. (Theophylactus)

Wie also damals diejenigen, die auf die erhöhte Schlange blickten, vom Gift geheilt und vom Tod befreit wurden, so wird nun der, der durch Glaube und Taufe dem Tod Christi gleichgestaltet wurde, von der Sünde durch die Rechtfertigung und vom Tod durch die Auferstehung befreit. [...] Wozu soll es sonst gut sein, ein kleines Kind durch die Taufe dem Tod Christi gleichzugestalten, wenn es durch den Biß der Schlange nicht gänzlich vergiftet ist? (Augustinus)

16 Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.

Der Herr will sagen: Wundere dich nicht, daß ich erhöht werden muß, damit ihr gerettet werdet. Denn auch der Vater will es so. Er hat uns so sehr geliebt, daß er für die widerspenstigen Knechte seinen Sohn hingab. Wenn der Herr sagt: So sehr hat Gott die Welt geliebt, dann kennzeichnet er damit die Größe seiner Liebe. Denn groß und unendlich ist der Abstand: Der Unsterbliche, Anfanglose, unendlich Große liebt Geschöpfe aus Erde und Staub, Geschöpfe voll unzähliger Sünden. Auch das, was danach kommt, zeigt seine große Liebe: Er gab nämlich nicht einen Sklaven, nicht einen Engel oder Erzengel hin, sondern seinen eigenen Sohn. Und wiederum: Wenn er mehrere Söhne gehabt hätte und einen davon hingegeben hätte, wäre auch das sehr groß gewesen. Er gibt aber seinen einzigen Sohn hin. Daher ist angefügt: den einzig-geborenen. (Chrysostomus)

17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.
18 Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat.

Die Welt wird wahrhaft durch den Sohn Gottes das Leben haben. Denn aus keinem anderen Grund kam er in die Welt, um die Welt zu erlösen. (Alkuin)

Weil der Herr das gesagt hat, mißbrauchen viele Untätige in der Größe ihrer Sünden und in ihrer übergroßen Leichtsinnigkeit die Barmherzigkeit Gottes. Sie sagen: Es gibt keine Hölle und keine Strafe; alle Sünden läßt Gott uns nach. Doch wir müssen bedenken, daß es eine zweifache Ankunft Christi gibt: jene, die schon geschehen ist, und eine, die noch kommen wird. Jene erste geschah nicht, um unsere Taten zu richten, sondern um sie nachzulassen. Die zweite jedoch wird nicht Vergebung, sondern das Gericht bringen. Von der ersten Ankunft sagt der Herr: Ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten. Denn da er milde ist, hält er nicht sogleich Gericht, sondern verleiht die Vergebung aller Sünden, zuerst durch die Taufe, dann durch die Buße. Hätte er das nicht getan, so wären wir alle verloren gegangen. Denn alle haben gesündigt und bedürfen der Gnade Gottes (Röm 3,23). Damit also keiner glaubt, er könne ungestraft sündigen, spricht er über die Strafe für den Ungläubigen: Wer glaubt, wird nicht gerichtet. [Wer nicht glaubt, ist schon gerichtet.] "Wer glaubt" sagt er, nicht "Wer theologische Fragen stellt". Was aber, wenn er ein unreines Leben hat? Genau solche Leute nennt Paulus "ungläubig": Sie beteuern, Gott zu kennen, durch ihr Tun aber verleugnen sie ihn (Tit 1,16). Das bedeutet: Nicht seines Glaubens wegen wird er gerichtet, sondern seiner Taten wegen muß er eine schwerere Strafe erleiden. (Chrysostomus)

Der Unglauben selbst ist die Strafe des Uneinsichtigen. Denn es ist in sich selbst die größte Strafe, außerhalb des Lichtes zu sein. (Chrysostomus)

19 Denn mit dem Gericht verhält es sich so: Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse.
20 Jeder, der Böses tut, haßt das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden.

Er nennt sich selbst das Licht, von dem der Evangelist sagt: Er war das wahre Licht. Finsternis aber nennt er die Sünden. Weil vielen unglaublich scheint, was gesagt wird (niemand zieht doch die Finsternis dem Licht vor!), fügt er den Grund an, warum das geschehen ist: Ihre Werke waren böse. Wenn aber einer zum Gericht gekommen wäre, hätte das einen anderen Grund. Denn wer sich seiner Übeltaten bewußt ist, meidet normalerweise den Richter, es sei denn, dieser verschont ihn, dann wird er ihm entgegeneilen. So kam es, daß die, die sich ihrer vielen Sünden bewußt waren, sich am meisten Christus zugewandt haben, der gekommen war, um zu vergeben. Das geschah bei vielen; denn Zöllner und Sünder kamen und aßen mit Jesus. (Beda)

Im moralischen Sinn lieben jene die Finsternis mehr als das Licht, die die Prediger, die sie das Rechte lehren, mit Hass und Verleumdung verfolgen. (Beda)

21 Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, daß seine Taten in Gott vollbracht sind.

Er spricht hier nicht von denen, die von klein auf Christen sind, sondern von den Heiden bzw. Juden, die zum rechten Glauben hingeführt werden sollten. Er zeigt nämlich, daß keiner, der im Irrtum lebt, zum Glauben kommt, wenn er nicht zuvor selbst entschlossen ist, ein rechtes Leben zu führen. (Chrysostomus)

Er sagt, daß die Werke dessen, der zum Licht kommt, in Gott getan sind: Denn er erkennt, daß die Rechtfertigung nicht aus Verdiensten, sondern aus der Gnade Gottes kommt. (Augustinus)

Wenn aber Gott alle Werke für schlecht hält, wie kann man dann die Wahrheit tun und ans Licht kommen, d.h. zu Christus? Aber sie liebten die Finsternis mehr als das Licht. Damit gibt er den Grund an. Viele liebten ihre Sünden, viele haben sie bekannt. Gott klagt deine Sünden an: wenn auch die sie anklagst, verbindest du dich mit Gott. Du sollst dein Werk in dir hassen und Gottes Werk in dir lieben. Der Beginn der guten Taten ist das Bekenntnis der bösen: Dann tust du die Wahrheit, weil du nichts schönredest, dir nichts vormachst. Du kommst zum Licht, denn deine Sünde, die dir mißfällt, würde dir nicht mißfallen, wenn Gott dich nicht erleuchten und seine Wahrheit sie dir nicht zeigen würde. Man tut die Wahrheit, indem man ein Bekenntnis ablegt, und kommt dadurch zum Licht in guten Werken. Das gilt auch für scheinbar geringfügige Dinge wie die Sünden der Zunge, der Gedanken oder der Unmäßigkeit in erlaubten Dingen. Denn viele kleine Sünden bringen zu Fall, wenn man sie nicht beachtet. Die Tropfen, die einen Fluß füllen, sind klein; klein sind die Sandkörner, aber wenn viel Sand angehäuft wird, kann er drücken und erdrücken. In ein Schiff allmählich eindringendes Wasser bewirkt dasselbe wie eine plötzlich hereinbrechende Flutwelle. Als Bodenwasser fließt es herein; wenn es aber kommt und nicht ausgeschöpft wird, versenkt es das Schiff. Was aber bedeutet "Ausschöpfen" anderes als gute Werke tun, beten, fasten, Almosen geben, vergeben, damit nicht die Sünden über uns hereinbrechen. (Augustinus)

 
Wahlweise kann das Evangelium Joh 9,1-41 des Lesejahres A genommen werden.
 
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