Vorige Seite Vorige Seite   Index   Nächste Seite Nächste Seite
 

LESEJAHR A

Die Zeit im Jahreskreis

3. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mt 4,12-23
 
Jesus verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, im Gebiet von Sebulon und Naftali; denn es sollte sich erfüllen, was durch Jesaja gesagt worden ist
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
 
12 Als Jesus hörte, daß man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, zog er sich nach Galiläa zurück.

"Er zog sich nach Galiläa zurück", um sein Leiden für einen angemessenen Zeitpunkt aufzusparen und um uns ein Beispiel zu geben, daß man die Gefahr meiden soll. (Pseudo-Chrysostomus)

Vorwürfe muß man sich nicht machen, wenn man sich nicht in Gefahr begibt, sondern nur, wenn man in der Gefahr nicht standhaft aushält. [...]
Beachte auch, wie ihm die Juden selbst den Anlaß geben, zu den Heiden zu gehen, denn dadurch daß sie den Vorläufer in Fesseln gelegt hatten, bewegen sie Jesus dazu, ins heidnische Galiläa zu gehen. (Chrysostomus)

13 Er verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet von Sebulon und Naftali.

Er fügt hinzu "im Gebiet von Sebulon und Naftali", den Ort des ersten Exils der Hebräer durch die Assyrer. Wo nämlich zum ersten Mal das Gesetz [Gottes] vergessen wurde, dort sollte die erste Verkündigung des Evangeliums stattfinden, damit es sich von diesem Ort aus, der gleichsam die Mitte darstellt, gleichermaßen bei Juden und Heiden verbreitete. (Glossa)

14 Denn es sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist:
15 Das Land Sebulon und das Land Naftali, die Straße am Meer, das Gebiet jenseits des Jordan, das heidnische Galiläa:
16 das Volk, das im Dunkel lebte, hat ein helles Licht gesehen; denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, ist ein Licht erschienen.

Beachte, daß es zwei "Galiläa" gibt: das jüdische und das heidnische, es ist nämlich zu Zeiten König Salomons geteilt worden, denn er gab zwanzig Städte in Galiläa an Hiram, den König von Tyrus, ab (1 Kön 9,11), und dieser Teil hieß später das heidnische Galiläa, der Rest aber, das jüdische.
Oder man liest es so: "jenseits des Jordan, im heidnischen Galiläa", so daß das Volk, das im im Dunkeln saß oder ging, ein Licht sah, und zwar kein geringes (wie das der anderen Propheten), sondern ein großes, nämlich das Licht dessen, von dem es im Evangelium heißt: "Ich bin das Licht der Welt".
"Denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, ist ein Licht erschienen" dabei, meine ich, ist folgender Unterschied zwischen dem Tod und dem Schatten des Todes: der Tod bezieht sich auf jene, die mit toten Werken in die Unterwelt gingen, der Schatten des Todes aber auf jene, die zwar sündigen, aber noch nicht aus diesem Leben geschieden sind - wenn sie wollen, können sie noch Buße tun. (Hieronymus, In lib. de locis Hebr.)

[...] Außerdem heißt es, daß ihnen ein Licht aufgegangen ist, ja daß es ihnen erschien, denn dadurch sollte gezeigt werden, daß nicht sie es waren, die das Licht suchten und dann fanden, sondern daß Gott ihnen erschien. [...] Und sie wandelten auch nicht im Finstern, sondern sie saßen im Finstern.Im griechischen/lateinischen Schrifttext ist vom 'Volk, das im Dunkel saß' die Rede. Das ist ein Zeichen, daß sie keine Hoffnung auf Rettung hatten. Wie Menschen, die nicht wissen, wohin sie gehen sollen, so saßen sie da im Finstern und waren nicht in der Lage aufzustehen. Mit "Finsternis" aber meint er den Irrtum und die Gottlosigkeit. (Chrysostomus, In Matth.)

17 Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.

Nur jener kann die Gerechtigkeit Christi verkünden, der seinem Bauch widerstehen kann, der die Güter dieser Welt verachtet und der keinen eitlen Ruhm begehrt. Und darum heißt es hier: "Von da an begann Jesus zu verkünden", denn zuvor ist er versucht worden und er hat den Hunger in der Wüste besiegt, die Habgier hat er auf dem Berg von sich gewiesen, und den eitlen Ruhm auf [der Zinne] des Tempels abgelehnt.
Oder aber: er begann von da an zu predigen, als Johannes ins Gefängnis geworfen wurde, denn wenn er zugleich mit Johannes gepredigt hätte, dann hätte er dessen Predigt entwertet und im Vergleich mit seiner Lehre wäre sie überflüssig gewesen. So wie der Morgenstern nicht geschätzt wird, wenn er zugleich mit der Sonne aufgeht. (Pseudo-Chrysostomus)

Er sagt: "Kehrt um!" [wie Johannes in Mt 3,2], um dadurch zu zeigen, daß er der Sohn desselben Gottes ist, dessen Prophet Johannes war. (Hieronymus)

Er verkündigte nicht sofort die Gerechtigkeit, die alle kannten, sondern [zuerst] die Umkehr, derer alle bedurften. Denn wer wagt da zu sagen, ich will gut sein, aber ich kann es nicht? Die Umkehr ist nämlich eine Korrektur des Willens. Und wenn euch schon das [drohende] Unheil nicht schreckt, so daß ihr Buße tut, dann [kehrt wenigstens um], weil euch das [verheißene] Gut erfreut - deshalb folgt nämlich: "Denn das Himmelreich ist nahe", das heißt, die Seligkeit des Himmelreiches. Er will also sagen: Bereitet euch durch Buße vor, denn die Zeit des ewigen Lohnes ist schon nahe herangerückt. (Pseudo-Chrysostomus)

In mystischer Auslegung bedeutet das: Nachdem Johannes ins Gefängnis geworfen wurde, begann Christus zu predigen, denn als das Gesetz aufgehört hatte, begann das Evangelium.

18 Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen gerade ihr Netz in den See, denn sie waren Fischer.
19 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen.

"Er sah zwei Brüder", aber nicht so sehr mit leiblichen Augen, als vielmehr mit einem geistigen Blick, der auf ihr Herz schaute. (Remigius)

Er rief sie, als sie gerade mitten bei der Arbeit waren. Dadurch wird gezeigt, daß man seine Nachfolge allen anderen Beschäftigungen vorziehen muß. (Chrysostomus)

Er wählte keine Könige oder Senatoren oder Philosophen oder Redner aus, sondern Leute aus dem Volk, arme, ungelehrte Fischer. (Augustinus, Super Ioann.)

Was man aber in diesem Beruf tut, das zeigt im voraus die Gnade ihres zukünftigen Standes an: denn der Fischer, der die Netze ins Wasser wirft, der weiß ebensowenig, welche Fische er fangen wird, wie der Lehrer, der das Netz des göttlichen Wortes über das Volk auswirft, weiß, wer dadurch zu Gott gelangen wird. Es werden aber jene seiner Lehre anhangen, denen Gott dafür das Herz aufgeschlossen hat. (Pseudo-Chrysostomus)

Von diesen Fischern aber spricht der Herr bei Jeremia [16,16]: "Seht, ich hole viele Fischer, die sollen sie fangen". (Remigius)

"Folgt mir nach!", aber nicht mit euren Füßen, sondern mit euren Herzen und indem ihr mich nachahmt. (Glossa)

"Ich werde euch zu Menschenfischern machen": Das heißt, zu Lehrern, so daß ihr, wenn ihr mit dem Netz des Wortes Gottes die Menschen aus dieser stürmischen und gefahrvollen Welt herausreißt - aus dieser Welt, in der die Menschen nicht ihren Weg gehen, sondern getrieben werden (denn der Teufel treibt sie mit seinen Verlockungen ins Böse) und wo die Menschen sich gegenseitig auffressen, wie die stärkeren Fische die kleineren Fische verschlingen. Von dort herausgeführt, wird den Menschen auf der Erde Leben zuteil und sie werden zu Gliedern des Leibes Christi. (Pseudo-Chrysostomus)

20 Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.

Petrus und Andreas hatten Christus noch kein einziges Wunder tun gesehen und sie hatten noch nichts vom seiner Verheißung eines ewigen Lohns gehört, und doch, auf eine einzige Weisung des Herrn hin, ließen sie das hinter sich, was sie zu besitzen schienen. [...] Daran aber sollen wir eher erkennen, wie stark ihr Wille war, als, wie groß ihr Besitz war, denn der, der nichts für sich zurückbehält, der läßt immer viel hinter sich, und viel verläßt auch der, der nicht nur seinem Besitz, sondern auch seinem Verlangen entsagt. [...] Denn das Reich Gottes hat keinen angebbaren Preis, sondern es kostet gerade so viel, als du besitzt. (Gregor der Große, Hom. in Evang.)

Diese Jünger folgten Christus aber nicht, weil sie die Ehre eines Lehrers für sich haben wollten, sondern weil sie das Tun [d. h. das Lehren] selbst für wertvoll hielten: sie wußten nämlich, wie wertvoll die Seele eines Menschen ist, wie sehr Gott ihr Heil wünscht und wie groß der [verheißene] Lohn ist. (Pseudo-Chrysostomus)

Einer so großen Verheißung glaubten sie, und sie glaubten auch, daß sie mit den Worten, von denen sie selbst gefangen genommen worden waren, auch andere Menschen gewinnenLat.: piscari - fangen, fischen können. (Chrysostomus)

Mit dem Gesagten wird ein Beispiel für jene gegeben, die aus Liebe zu Christus ihren Besitz aufgeben. Was folgt, ist ein Beispiel fur solche, die auch ihre natürliche Liebe um Gottes willen hintanstellen. [...] (Glossa)

21 Als er weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren mit ihrem Vater Zebedäus im Boot und richteten ihre Netze her. Er rief sie,

Beachte, daß er sie zu zweien und zweien beruft, so wie man an anderer Stelle liest, daß er sie zu je zweien zum Predigen aussandte. (Glossa)

Dadurch [daß er immer zwei beruft], will er uns insgeheim andeuten, daß nur derjenige das Predigtamt ausüben darf, der auch seinen Nächsten liebt. Denn es gibt zwei Liebesgebote und bei weniger als zwei Menschen kann es keine Liebe geben. (Gregor der Große)

Die Fundamente der Kirche hat er zurecht auf die Bruderliebe gegründet, damit gewissermaßen der aus den Wurzeln quellende Saft der Liebe bis in die Zweige aufsteigt. Und er hat diese Fundamente auch auf die natürliche Liebe gegründet, damit die Liebe nicht nur durch die Gnade, sondern auch durch die Natur gefestigt werde. Und deswegen spricht er von Brüdern, denn so hat es Gott auch im Alten Testament schon getan, als er als Grund dieses Hauses die beiden Brüder Mose und Aaron einsetzte. Weil aber die Gnade des Neuen Testamentes reicher ist als die des Alten, deswegen gründete er das erste Volk auf ein Bruderpaar, dieses aber auf zwei.
"Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; die mit ihrem Vater Zebedäus im Boot waren und ihre Netze herrichteten": Letzeres ist ein Zeichen sehr großer Armut, denn sie reparierten die alten Netze, weil sie nichts hatten, wovon sie sich neue kaufen konnten. Dabei gehört es zu ihrer großen Liebe, daß sie trotz der Armut ihrem Vater halfen, indem sie ihn mit sich auf das Boot nahmen - nicht damit er ihnen bei der Arbeit hilft, sondern daß sie ihn durch ihre Gegenwart trösten. (Pseudo-Chrysostomus)

[...] Es folgt: "Er rief sie", denn sie bewohnten einen Ort, hatten dieselbe Liebe, übten das selbe Handwerk aus und waren verbunden durch brüderliche Zuneigung. Und so berief er sie gemeinsam, damit nicht ein verschiedener Ruf die trenne, die durch so viele gemeinsame Güter verbunden sind. (Pseudo-Chrysostomus)

22 und sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus.

Den ersten hatte er noch etwas versprochen, als er aber diese berief versprach er ihnen nichts, denn der Gehorsam der ersten hatte ihnen schon den Weg zum Glauben geebnet. [...] (Chrysostomus)

Die beiden Boote aber versinnbilden die beiden Kirchen, die eine, die aus der Beschneidung, und die andere, die nicht aus der Beschneidung gerufen wurde. Und jeder, der zum Glauben kommt, wird Simon, indem er Gott gehorsam wird, ja er wird Petrus, indem er seine Sünde erkennt, und er wird Andreas, indem er tapfer'Andreas' bedeutet 'tapfer'. alle Mühen erträgt; er wird auch Jakobus, indem er seine Fehler niederringt. (Hrabanus)

Und er wird auch Johannes,'Johannes' bedeutet 'Gott ist gnädig'. indem er alles das der Gnade Gottes zuschreibt. Es werden aber vier Berufungen berichtet, um zu bezeichnen, daß Gott die Verkünder von allen vier Teilen der Welt beruft. (Glossa)

23 Er zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.

Jeder Herrscher, der sich anschickt, gegen einen Feind zu kämpfen, versammelt zuerst ein Heer und zieht so in den Kampf. So auch der Herr: um gegen den Widersacher zu kämpfen versammelt er die Apostel und daraufhin beginnt er, das Evangelium zu verkünden. (Pseudo-Chrysostomus)

[...] Zwischen "lehren" und "verkünden" gibt es aber einen Unterschied: denn die Lehre bezieht sich auf Gegenwärtiges, die Verkündigung auf Zukünftiges: er lehrte sie nämlich die Gebote, die jetzt gelten, und er verkündete die Verheißungen, die für die Zukunft gelten. (Remigius)

Oder aber: er unterrichtete sie in der natürlichen Gerechtigkeit, wie sie die natürliche Vernunft lehrt: zum Beispiel Keuschheit, Demut und dergleichen, die alle aus sich selbst heraus als etwas Gutes anerkennen. Solches aber muß gelehrt werden, nicht so sehr um es bekannt zu machen, als vielmehr, um das Herz dazu zu bewegen [es zu tun]. [...] Seine Verkündigung aber bezog sich auf das Evangelium, indem er das Gute ankündigte, was die Alten noch nicht klar und deutlich gehört hatten, wie die himmlische Seligkeit, die Auferstehung der Toten und dergleichen. [...] (Pseudo-Chrysostomus)

Damit aber die Lehrer [späterer Zeiten] sich bemühen, ihre Lehre auch durch einen tugendhaften Lebenswandel zu empfehlen, werden sie mit folgendem belehrt: "er heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden." Die Krankheit ist nämlich etwas, was den Körper angeht, das Leiden aber betrifft die Seelen. (Remigius)

[...] Zuerst aber lehrt er, und dann heilt er. Das tut er aus zwei Gründen: zum einen, weil er das zuerst tut, was notwendiger ist: denn es sind seine gütigen Worte, die die Seele aufbauen, und nicht die Wunder. Zum anderen aber, weil seine Worte durch seine Wunder bestätigt werden und nicht umgekehrt. (Pseudo-Chrysostomus)

Man kann auch daran denken, daß Gott, wenn etwas neues geschieht, wenn ein neues GesetzWörtlich: ein neue Politik eingeführt wird, stets [wunderbare] Zeichen wirkt, um denen, die sein Gesetz annehmen, einen Beweis seiner Macht zu geben. Als er zum Beispiel den Menschen machen wollte, erschuf er zuerst eine Welt und danach gab er dem Menschen im Paradies sein Gesetz. Und als er mit Noah seinen Bund schließen wollte, zeigte er [seine Macht] durch große Wundertaten. Und auch bei den Israeliten ließ er zuerst große Wunderzeichen geschehen, als er ihnen sein Gesetz geben wollte, und danach erst legte er ihnen die Vorschriften des Gesetzes vor. Und so auch hier: er wollte eine [neue, ] erhabene Lebensweise einführen, und durch die herrlichen Zeichen bereitet er seine machtvollen Lehren vor. Das ewige Reich, das er verkündete, war ja noch nicht erschienen - mit den sichtbaren Zeichen aber weist er deutlich auf das hin, was noch nicht erschienen war. (Chrysostomus)

 
Vorige Seite Vorige Seite Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang Nächste Seite Nächste Seite