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LESEJAHR C

Die Herrenfeste im Jahreskreis

Sonntag nach Pfingsten

DREIFALTIGKEITSSONNTAG

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Joh 16,12-15
 
Alles, was der Vater hat, ist mein. Der Geist wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
 
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
12 Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.

Alle Häretiker versuchen ihre Hirngespinste, bei denen jeden vernünftigen Mensch das Grausen packt, mit diesem Satz des Evangeliums schönzureden, so als ob sie das wären, was die Jünger damals nicht tragen konnten und als ob der Heilige Geist Dinge gelehrt habe, die ein unreiner Geist nicht wagen würde, offen zu lehren oder zu predigen. Aber schlechte [Lehren], die für einen anständigen Menschen unerträglich sind, sind das eine; das andere sind gute [Lehren], die die kleine menschliche Vernunft nicht zu fassen vermag. Jene sind in schamlosen Körpern, diese aber sind weit entfernt von allen Körpern. Wer von uns aber will behaupten, er könne das fassen, was jene zu fassen nicht vermochten? Darum soll man auch von mir nicht verlangen, daß ich sie erkläre.
Es mag aber einer sagen, so viele können [jetzt], was Petrus damals noch nicht konnte, zum Beispiel können jetzt viele die Krone des Martyriums erlangen, was Petrus damals nicht konnte, zumal da [uns] jetzt der Heilige Geist gesandt ist und damals war er es noch nicht. Aber wissen wir etwa deshalb, was es war, das er sagen wollte? [Betrachten wir] die tiefsinnigen Einsichten, die wir in den hernach verfaßten apostolischen Schriften finden, und von denen nicht [ausdrücklich] gesagt wird, daß es Herrenworte sind: Es scheint mir da völlig absurd zu sagen, daß die Jünger sie damals noch nicht hätten ertragen können. Zwar können die Anhänger böser Sekten jene katholischen Lehren nicht ertragen, die man in den Heiligen Schriften findet, so wie wir [umgekehrt] ihre gottlosen, nichtswürdigen Behauptungen nicht ertragen können - denn was heißt "nicht tragen können" auch anderes, als "nicht annehmen können"?Lat.: aequo animo non habere - doch welcher Gläubige, ja welcher Katechumene, der noch nicht durch die Taufe den Heiligen Geist empfangen hat, nimmt das nicht an oder will es nicht hören - auch wenn er es nicht versteht -, was nach der Himmelfahrt des Herrn aufgeschrieben wurde?
Dann mag einer sagen: Haben denn geistliche Männer nicht auch Lehren, über die sie vor fleischlich Gesinnten schweigen, geistlich Eingestellten aber eröffnen? Nein, es besteht keine Notwendigkeit, daß irgendwelche geheimen Lehren den Anfängern im Glauben verschwiegen und nur den Fortgeschrittenen mitgeteilt werden; vielmehr werden Geistliche auch fleischlich eingestellten Menschen die geistlichen Lehren nicht gänzlich verschweigen, denn der katholische Glaube ist allen zu verkünden. Allerdings sollen sie ihn nicht auf eine solche Weise verkündigen, daß - indem sie [ihre Hörer] zu Einsichten führen wollen, derer sie nich fähig sind - dabei nur herauskommt, daß ihre Zuhörer die Predigt in Wahrheit abscheulich finden, anstatt in der Predigt die Wahrheit anschaulich dargestellt zu finden.Lat.: facilius fastidire in veritate sermonem, quam in sermone percipi veritatem.
Also sollen wir hinter diesen Worten des Herrn nicht irgendwelche geheimen Lehren vermuten, die zwar vom Lehrer ausgesprochen werden, vom Schüler aber nicht ertragen werden könnten. Es sind vielmehr die Lehren unserer Religion, die wir alle kennen - nur, wenn Christus sie uns auf die Weise sagen wollte, wie er sie seinen Engeln mitteilt, dann freilich könnten es die Menschen nicht ertragen, auch wenn sie geistliche Einsichten besitzen, die die Apostel damals noch nicht hatten. Was die Schöpfung auch immer über ihren Schöpfer wissen mag, es ist nichts im Vergleich zum Schöpfer selbstLat.: minus est ipso creatore - doch wer schweigt über ihn? Und wer könnte, solange er noch in diesem Leib ist, die gesamte Wahrheit erkennen, da doch der Apostel sagt: "Stückwerk ist unsere Erkenntnis" (1 Kor 13,9)? Der Heilige Geist aber bewirkt, daß wir zu jener Fülle gelangen, von der derselbe Apostel sagt: "dann aber von Angesicht zu Angesicht" (1 Kor 13,12); wenn der Herr also sagt, "Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit lehren", oder : "... in die ganze Wahrheit einführen"Augustinus bezieht sich hier auf zwei Texttraditionen: docebit vos omnem veritatem // (de)ducet vos in omnem veritatem. dann verspricht er uns nicht nur etwas für dieses Leben, sondern wir sollen darunter verstehen, daß im kommenden Leben die Fülle auf uns wartet. Der Heilige Geist aber vermittelt den Gläubigen auch jetzt geistige Einsichten, so weit sie ein jeder fassen kann, und er entzündet in ihren Herzen die Sehnsucht nach noch Größerem. (Augustinus, aus Tract. 96-98)

Oder, er sagt das, weil die, die seine Worte damals hörten, noch nicht zu all dem gekommen waren, was sie später für seinen Namen ertragen konnten: so verrät er ihnen nur einiges, während er die bedeutenderen [Lehren] auf später verschiebt. Damals konnten sie es nicht [ertragen], weil zuerst in unserem Haupt die Lehre und das Vorbild des Kreuzes vorausgehen mußte. Noch aber dienten sie dem Vorausbild des Gesetzes, dem Schatten und den Abbildern, und sie konnten die Wahrheit, deren Schatten das Gesetz [in sich] trägt, nicht schauen. Wenn aber der Geist der Wahrheit kommt wird er sie durch seine Lehre und seinen Unterricht in die ganze Wahrheit führen, er wird euch hinüberführen vom toten Buchstaben zum lebendigmachenden Geist, in dem allein die ganze Wahrheit der heiligen Schrift ist. (Didymus, De spiritu sancto 2)

13 Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird sagen, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird.

Diese Worte gleichen jenen, die der Herr von sich selbst sagt: "Von mir selbst aus kann ich nichts tun; ich richte, wie ich es (vom Vater) höre" (Joh 5,30). Von diesen Worten aber sagen wir, daß sie von der menschlichen Natur [Jesu Christi] ausgesagt werden. Wenn jedoch der Heilige Geist niemals durch die Annahme eines Geschöpfes selbst ein Geschöpf geworden ist, wie muß man jene Aussage über ihn verstehen? Wir müssen es so verstehen, daß der Heilige Geist nicht aus sich selbstLat.: a se ist, denn der Sohn ist aus dem Vater geboren und der Heilige Geist geht aus dem Vater hervor. Was aber der Unterschied zwischen "geboren werden" und "hervorgehen" ist, das bedürfte einer längeren Erörterung und läßt sich nicht leicht in eine Definition fassen. [...] (Augustinus, Tract. 99)

[...] "Sagen" und "Sprechen" ist in der Dreifaltigkeit nicht so zu verstehen, wie wir es gewohnt sind [zu sprechen]; sondern nach dem Vorbild immaterieller Naturen, vor allem der Dreifaltigkeit selbst, die ihren Willen den Herzen den gläubigen Herzen einpflanzt und denen, die würdig sind, ihn zu hören. Daß der Vater spricht und der Sohn hört, bedeutet also, daß sie eine gemeinsame Natur besitzen und dasselbe wollen.
Der Heilige Geist aber, der der Geist der Wahrheit und der Geist der Weisheit ist, kann nicht vom Sohn etwas hören, was er selbst noch nicht weiß, denn er selbst ist das, was vom Sohn hervorgebracht wird: er ist die Wahrheit, die aus der Wahrheit hervorgeht, der bleibende Trost, der vom Tröster hervorgeht, der Gott der als Geist der Wahrheit von Gott hervorgeht. Damit ihn aber niemand von dem Willen und der Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes ausschließt, steht geschrieben: "er wird sagen, was er hört." (Didymus, De Spiritu sancto)

Durch den Geist der Wahrheit aber wird heiligen Männern auch ein sicheres Wissen künftiger Dinge gegeben: darum haben die Propheten, die von demselben Geist erfüllt waren, das vorausverkündet und als gegenwärtig gesehen, was später eintreffen sollte. So heißt es: "[er wird] euch verkünden, was kommen wird." (Didymus, De Spiritu sancto)

Es ist bekannt, daß viele Menschen, die von der Gnade des Heiligen Geistes erfüllt waren, erkannt haben, was kommen wird. Doch [ebenso] viele, die im Glanze verschiedener Tugenden erstrahlten, haben die Zukunft nicht vorausgesehen. Darum kann dieses Wort auch so verstanden werden: "[er wird] euch verkünden, was kommen wird," das heißt, er wird euch die [kommenden] Freuden der himmlischen Heimat ins Gedächtnis rufen. Und er hat den Aposteln in der Tat das verkündet, "was kommen wird", nämlich das Böse, das sie für ihr Bekenntnis zu Christus erleiden würden, und das Gute, das sie dafür empfangen würden. (Beda)

14 Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden.

Denn, indem er die Liebe in die Herzen der Gläubigen eingießt und sie dadurch zu geistlichen Menschen macht, zeigt er ihnen, wie der Sohn dem Vater gleich ist, er, den sie zuvor nur dem Fleische nach kannten (vgl. 2 Kor 5,16) und den sie für einen Menschen wie sie selbst hielten.
Und sicherlich kann man auch so sagen: Weil sie durch diese Liebe [die der Hl. Geist gibt] mit Zuversicht erfüllt wurden und die Angst von ihnen wich, haben sie den Menschen Christus verkündigt, und so wurde er auf der ganzen Welt bekannt. Was aber sie im Heiligen Geist taten, das nennt Christus hier ein Werk des Heiligen Geistes selbst.

15 Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden.

Wenn der Sohn seine Natur vom Vater empfängt und der Heilige Geist vom Sohn, dann ist der Heilige Geist ist nicht weniger als der Sohn, wie manche Häretiker geglaubt haben. Der Herr selbst löst diese Frage, warum er dasD.h. die Aussage von v. 14: er wird von dem, was mein ist, nehmen. gesagt hat, indem er erklärt: "Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden." (Augustinus, Tract. 100)

Er will gleichsam sagen: Wenn auch der Geist der Wahrheit vom Vater ausgeht, so ist doch alles, was der Vater hat, meines und auch der Geist des Vaters ist mein und empfängt von dem, was mein ist. Hüte dich also bei diesen Worten zu glauben, daß es irgendeine Sache oder ein Besitz ist, der vom Vater und vom Sohn gehabt wird; vielmehr gilt: was der Vater seinem Wesen nach besitzt (Ewigkeit, Unveränderlichkeit, Güte), das hat auch der Sohn. Doch ferne seien die Fallstricke, die die Dialektiker hier legen, wenn sie sagen: also ist auch der Vater der Sohn. Hätte er nämlich gesagt: alles was Gott hat, ist mein, dann könnte [dieser] Unglaube daraus entstehen; indem er aber sagt: "alles, was er hat, ist mein", zeigt er durch das Wort "Vater" an, daß er der Sohn ist, und beansprucht als Sohn nicht die Vaterschaft für sich, auch wenn er durch die Gnade der Annahme an Kindes statt der Vater vieler Heiliger ist. (Didymus, De spiritu sancto)

 
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