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LESEJAHR C

Der Advent

1. ADVENTSSONNTAG

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Lk 21,25-28.34-36
 
Eure Erlösung ist nahe
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
 
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
25 Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres.

Dann werden sich Sonne und Mond verfinstern, wenn die Vollendung des vergänglichen Lebens heraufgeführt wird, wenn nach den Worten des Apostels die Gestalt dieser Welt gewandeltLat.: transibit wird (1 Kor 7,31) und die neue Zeit anbricht, in der anstelle der sichtbaren Leuchten des Himmels Christus selbst leuchten wird wie ein strahlendes Gestirn, als König der künftigen Welt. Sein Leuchten wird so kraftvoll und herrlich sein, daß die Strahlen der Sonne, des Mondes und der Sterne angesichts dieses Glanzes sich verdunkeln. Was aber nach dieser Verdunkelung auf der Erde geschehen wird - daß Angst die Völker befällt -, das drücken die folgenden Worte aus: Die Völker werden bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres.

... daß das Geräusch des Meeres und der Flüsse in Unordnung gerät.So die Übersetzung des Vg-Textes. Es hat den Anschein, als wollten uns diese Worte darüber belehren, daß die Umwandlung des Universums ihren Anfang damit nehmen wird, daß es keine Feuchtigkeit oder kein Wasser mehr gibt. Wenn das Wasser aufgezehrt oder zu Eis geworden ist, dann verstummt der vertraute Klang des Meeres, das trockene Land wird nicht mehr von Wasserfluten berührt, und weil wegen der übermäßigen Trockenheit auch die übrigen Teile der Erde keine Luftfeuchtigkeit mehr bekommen, die aus dem Wasser stammt, so erleiden sie eine Umwandlung. [...] Darum folgt: Die Menschen werden austrocknen vor Angst - d.h. sie werden dahinschwinden - in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen werden. (Eusebius)

26 Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.

Du könntest sagen: Eure Leiden zwingen euch dazu, zuzugeben, daß das Ende bereits da ist, da sich das Angekündigte erfüllt. Keine Heimatstadt, kein Ort überhaupt ist in unseren Zeiten sicher von Bedrängnis und Angst. Wenn aber das, was die Menschen zur Zeit zu leiden haben, Anzeichen für die Ankunft des Herrn ist, warum schreibt dann der Apostel, es geschehe, während man spreche: Frieden und Sicherheit (1 Thess 5,3)? Wir wollen sehen, ob die Stelle nicht besser so zu verstehen ist, daß sich die Ankündigung [des Evangeliums] nicht in dieser Weise erfüllt [daß eine allgemeine Katastrophenlage besteht], sondern dann, wenn die Verfolgung sich auf die Kirche des gesamten Erdkreises bezieht. Die "Drangsal für den ganzen Erdkreis" bezieht sich dann auf die Kirche, die verfolgt wird, nicht auf die Verfolger, welche sprechen: Friede und Sicherheit! Zur Zeit aber sehen wir mit eigenen Augen, daß das, was als äußerstes Unglück gilt, jedem der beiden Reiche - dem Reiche Christi und dem Reich des Teufels - widerfährt; gleichermaßen werden Gute wie Böse getroffen. Und mitten in all diesen Übeln lassen manche Leute nicht davon ab, ausschweifende Gelage zu halten. Heißt man das etwa "vor Angst vergehen", oder nicht vielmehr: vor Gier brennen? (Augustinus, ep. 80: An Hesychius)

Es soll nicht so aussehen, als habe der Herr im Hinblick auf das Herannahen seiner Wiederkunft als große Zeichen Ereignisse vorausgesagt, die bereits vor seinem ersten Kommen auf dieser Welt zu geschehen pflegten; und wir wollen uns nicht auslachen lassen von denen, die in der Geschichte der Völker mehr und Größeres gelesen haben. Darum glaube ich, daß diese Worte besser von der Kirche zu verstehen sind. Die Kirche ist nämlich Sonne, Mond und Sterne (Hld 6,9), doch wird ihr Licht nicht mehr erscheinen wegen der Wut ihrer Feinde, die alles Maß übersteigt. (Augustinus)

27 Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen.

Das heißt: sowohl die Gläubigen wie die Ungläubigen werden ihn sehen. Er selbst und auch sein Zeichen, das Kreuz, werden stärker leuchten als die Sonne. (Theophylactus)

Wenn gesagt wird: "kommend in der Wolke", dann kann man dies zweifach auffassen. Entweder er kommt in seiner Kirche, die der Wolke vergleichbar ist. Dieses Kommen geschieht bereits jetzt schon ohne Unterlaß. Doch dann wird er "mit großer Macht und Herrlichkeit" kommen; denn seine Majestät und Herrlichkeit wird den Heiligen in höherem Maß erscheinen, da er ihnen die Kraft verleihen wird, in solcher Verfolgung den Sieg zu erringen. Oder man versteht das Wort von seinem eigenen Leib, in dem Christus zur Rechten des Vaters sitzt, wobei man zu Recht glauben soll, daß er nicht nur in ebendiesem Leib, sondern auch in einer Wolke kommen wird: Er wird ja wiederkommen, wie er weggegangen ist; heißt es doch Apg 1,9: Eine Wolke entzog ihn ihren Blicken. (Augustinus)

Immer erscheint Gott in einer Wolke, heißt es doch im Psalm 97,2: Rings um ihn sind Wolken und Dunkel. Daher wird auch der Menschensohn mit den Wolken des Himmels erscheinen, weil er Gott und Herr ist; er wird erscheinen, nicht verborgen, sondern in einer Herrlichkeit, die Gottes würdig ist. (Chrysostomus)

28 Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.

In der Hl. Schrift wird das Wort "Haupt" oft für den Geist des Menschen gebraucht. Denn das Haupt regiert die Körperglieder, der Geist bestimmt die Gedanken. "Das Haupt erheben" bedeutet also, den Geist auf die Freude der himmlischen Heimat zu richten. (Gregor der Große, Evangelienhomilie 1)

Die vollkommene Erlösung ist nahe, die Erlösung von Leib und Seele. Wie die erste Ankunft des Erlösers unsere Seelen neugestalten sollte, so werden wir bei der zweiten Ankunft die Neugestaltung unseres Leibes feiern können. (Theophylactus)

Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Als ob er sagte: Mag sich auch alles wandeln, meine Treue und der Glaube an mich wird nicht wanken. Damit gibt er zu verstehen, daß die Kirche vor allem Geschaffenen den Vorrang hat. Mag auch über die ganze Schöpfung der Wandel kommen, die glaubende Kirche und die Worte des Evangeliums werden bleibend bestehen. (Theophylactus)

34 Nehmt euch in acht, daß Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und daß jener Tag euch nicht plötzlich überrascht,

Er sagt nicht: Achtet auf das Eure. Er sagt: Achtet auf euch! [...] Das heißt, achtet auf eure Seele. [...] "Rausch" heißt, wenn man dem Wein unmäßig zuspricht, "Trunkenheit"Lat.: crapula: Kater nennt man die daraus folgende Übelkeit und das Schwindelgefühl. (Basilius der Große)

35 (so) wie (man in) eine Falle (gerät); denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.

Dieser Tag kommt nicht so, daß man ihn mit Wahrscheinlichkeit berechnen könnte, sondern unversehens, wie ein Dieb, wie ein Fallstrick für die Achtlosen. Dieser Tag ereilt alle, die "auf der Erde ihren Wohnsitz haben", das heißt: die gedankenlos und träge dahinleben. Wer aber eifrig bemüht ist, das Gute zu wirken, der hat seinen "Sitz" nicht auf der Erde, und er geht nicht auf in der Beschäftigung mit Irdischem. Vielmehr erhebt er sich und sagt zu sich: Steh auf, geh; hier wirst du keine Ruhestätte finden. Für diese Menschen ist jener Tag nicht wie ein Fallstrick, sondern wie ein Festtag. (Theophylactus)

Wenn ein kenntnisreicher Arzt uns anweisen würde, uns in Acht zu nehmen vor dem Saft einer bestimmten Pflanze, wenn wir dem plötzlichen Tod entgehen wollten, dann würden wir gewiß seinen Anweisungen mit großer Aufmerksamkeit folgen. Nun aber warnt uns der Erlöser vor "Rausch, Trunkenheit und den Sorgen dieser Welt", und man fürchtet sich dennoch nicht, von diesen Dingen verwundet und aufgezehrt zu werden. Man will also den Worten des Herrn nicht einmal den gleichen Glauben schenken wie den Aussagen eines Arztes. (Beda)

36 Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.

Was der Herr vorschreibt, das bestätigt er durch sein Beispiel. Er mahnt uns, angesichts der Ankunft des Richters und der unsicheren Sterbestunde jedes einzelnen, zu wachen und zu beten. Er selbst widmet sich unmittelbar vor seinem Leiden der Unterweisung, dem Wachen und Beten. Daher heißt es auch im folgenden Vers: Am Tag lehrte er im Tempel. Damit zeigt er uns durch sein Beispiel, daß dies ein Wach-Sein ist, das Gottes würdig ist: durch Wort oder Tat dem Mitmenschen den Weg der Wahrheit zu zeigen. (Beda)

Der Herr zeigt uns hier, daß man in der Ruhe der Nacht zu Gott sprechen, am Tag aber den Menschen nützen soll. Daß man in der Nacht sammeln, am Tag aber das Gesammelte austeilen soll. Darum folgt: Bei Nacht aber ging hinaus und blieb auf dem Berg, der Ölberg heißt. (Theophylactus)

 
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