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LESEJAHR A

Die Drei Österlichen Tage und die Osterzeit

4. SONNTAG DER OSTERZEIT

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Joh 10,1-10
 
Ich bin die Tür zu den Schafen
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
 
In jener Zeit sprach Jesus:
1 Amen, amen, das sage ich euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber.

[...] Tür nennt er die [heiligen] Schriften, denn sie erschließen die Erkenntnis Gottes, sie beschützen die Schafe und erlauben nicht, daß sie von Wölfen überwältigt werden, denn sie verwehren den Häretikern den Zugang. Wer sich also nicht auf die Schrift stützt, sondern anderswo einsteigt, der bahnt sich einen anderen, unzulässigen Weg und der ist ein Dieb. (Chrysostomus, In Joh.)

2 Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe.

Durch die Tür tritt ein, wer durch Christus eintritt, wer die Passion Christi nachahmt, wer die Demut Christi erkennt. Dadurch daß Gott für uns Mensch geworden ist, erkennt er, daß er selber nicht Gott ist, sondern ein Mensch. Wer nämlich als Mensch so tut als sei er Gott, der ahmt nicht den nach, der Mensch geworden ist, obwohl er Gott war. Und es wird dir ja nicht gesagt: "Sei etwas geringeres als das, was du bist!", sondern: "Erkenne das an, was du bist!" (Augustinus, De Verb. Dom.)

3 Ihm öffnet der Türhüter, und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus.

Nichts verbietet uns, Mose den Türhüter zu nennen, denn ihm sind die Worte Gottes anvertraut worden. (Chrysostomus)

Oder der Türhüter ist der heilige Geist, der uns die Schriften aufschließt, so daß sie uns Christus zeigen. (Theophylactus)

Es folgt: "Und er nennt seine Schafe einzeln beim Namen, denn er kennt die Namen derer, die vorherbestimmt sind. Darum sagt er auch den Jüngern: "freut euch darüber, daß eure Namen im Himmel verzeichnet sind" (Lk 10,20). (Augustinus, In Joh.)

4 Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus, und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme.

Wer anders führt die Schafe hinaus, als wer ihnen die Sünden vergibt, so daß sie ihm befreit von schweren Fesseln folgen können? (Augustinus)

Aus dem Dunkel der Unwissenheit führt er sie hinaus ins Licht, und er selbst geht ihnen voran, wie die Wolken- und Feuersäule [beim Auszug aus Ägypten]. (Glossa)

Und wer geht den Schafen voran, wenn nicht der, der von den Toten auferstanden nicht mehr stirbt (Röm 6,9) und der zum Vater sagt: "Vater, ich will, daß alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin" (Joh 17,24).

5 Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen.

Wie soll man die Schwierigkeit, [die in dieser Aussage steckt,] lösen? Auch die, die keine Schafe sind, hören ja manchmal die Stimme Christi: Judas hörte sie, obwohl er ein Wolf war. Und [umgekehrt] hören sie die Schafe manchmal nicht: einige von denen, die Christus kreuzigten, hörten sie nicht, obwohl sie Schafe waren. Jetzt mag einer sagen: wenn sie seine Stimme nicht hörten, dann waren es keine Schafe, denn [erst] die Stimme die sie hörten, machte sie aus Wölfen zu Schafen. - Mich bewegt dabei, wie der Herr durch die Worte Ezechiels die Hirten beschwört. Unter anderem sagt er da von den Schafen: "das irrende habt ihr nicht zurückgerufen" (vgl. Ez 34,4). Er sagt zwar, daß es sich verirrt hat, aber er nennt es [immer noch] eines von seinen Schafen. Wenn es die Stimme des Hirten hörte, dann würde es sich nicht verirren, weil es aber auf die Stimme eines Fremden hört, darum verirrt es sich. Ich sage also: Der Herr kennt die Seinen, er weiß, wenn er im voraus erkannt und wen er vorherbestimmt hat (vgl. Röm 8,29). Und das sind seine Schafe. Und auch wenn sie manchmal sich selbst nicht kennen, der Hirte kennt sie. Viele Schafe nämlich sind draußen und viele Wölfe drinnen. [...] (Augustinus, Tr. 45,10f.)

6 Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte.
7 Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen.
8 Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört.

Das sagt er nicht von den Propheten (wie die Häretiker meinen), sondern von den Aufrührern.Gemeint sind Messiasprätendenten wie Theudas und Judas (Apg 5,36f.). Darum lobt er die Schafe, indem er hinzufügt: "die Schafe haben nicht auf sie gehört." Nirgends aber entsteht der Anschein, daß der Herr die lobt, die den Propheten nicht gehorchten, er tadelt sie vielmehr heftig. (Chrysostomus, Hom. 59,3)

9 Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.

Durch die Tür führt der Herr die Schafe auf die Weide hinaus. [...] Was aber ist diese Weide anderes als die zukünftigen Freuden und die Ruhe, in die der Herr uns führen wird? (Theophylactus)

Was aber heißt "er wird ein- und ausgehen"? Durch die Türe, Christus, in die Kirche einzutreten ist wohl etwas sehr Gutes, aber aus der Kirche hinauszugehen ist nichts Gutes. Man kann also sagen, daß wir eintreten, wenn wir in unserem Inneren etwas bedenken, und daß wir hinausgehen, wenn wir äußere Werke tun, wie es heißt: "Der Mensch geht hinaus an sein Tagwerk" (Ps 104,23)

Oder das wird wegen der Apostel gesagt, die mit großem Mut ein- und ausgingen, so daß sie zu Herren der ganzen Erde wurden und keiner sie [aus seinem Reich] hinauswerfen konnte [...]. (Chrysostomus, Hom. 59,3)

10 Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.

Hier scheint mir gesagt zu sein, daß die, die eintreten, das Leben haben. Das heißt, sie haben es durch den Glauben, der durch die Liebe tätig ist. Durch diesen Glauben treten sie in die Herde ein, so daß sie leben, denn "der Gerechte lebt aus Glauben" (Röm 1,17). Wenn sie aber hinausgehen, dann haben sie das Leben in noch größerer Fülle. Wenn nämlich die Gläubigen sterben, dann haben sie ein um so reicheres Leben dort, wo sie niemals mehr sterben werden. Wenn es also schon hier in dieser Herde nicht an Weide mangelt, dort werden sie Weide finden, die sie [für immer] sättigt, so wie es der gefunden hat, dem gesagt wurde: "Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein" (Lk 23,43)! (Augustinus, Tr. 45,15)

Er tritt als ein zum Glauben und er tritt hinaus zur Schau, Weide aber wird er finden in der ewigen Erfüllung. (Gregor der Große, Hom. super Ez. 13)

 
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