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LESEJAHR A

Die Zeit im Jahreskreis

27. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mt 21,33-44
 
Er wird den Weinberg an andere Winzer verpachten
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
 
In jener Zeit sprach Jesus zu den Hohenpriestern und den Ältesten des Volkes:
33 Hört noch ein anderes Gleichnis: Es war ein Gutsbesitzer, der legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land.

Der Gutsbesitzer ist Gott, der in manchen Gleichnissen als Mensch dargestellt wird. Das ist, wie wenn ein Vater mit seinem Kind über Dinge spricht, die es angehen: um ihm etwas beizubringen, stellt er sich auf das Sprachniveau seines Kindes. (Origenes, In Matth.)

"Er legte einen Weinberg an", und zwar jenen, von dem es bei Jesaja (5,7) heißt: "der Weinberg des Herrn der Heere ist das Haus Israel." Weiter heißt es: "er zog ringsherum einen Zaun", das meint entweder die Mauer der Stadt Jerusalem oder die Behütung durch die Engel. (Hieronymus)

Oder die Mauer war die Obhut durch Gott selbst. Die Kelter aber war der Ort für das Trankopfer. [...] (Origenes)

Oder er gab [dem Volk Israel] die Propheten als Weinkelter: wie man in diese die Maische schüttet, so hat er jenen den Reichtum des Geistes gegeben. (Hilarius)

Oder die Kelter ist das Wort Gottes, das den Menschen umtreibt, wenn es seiner fleischlichen Natur widerspricht. (Pseudo-Chrysostomus)

Es folgt: "Er baute einen Turm", das heißt, den Tempel, wie bei Micha (8,4 Vg) gesagt wird: "Und du Tochter Sion bist ein finsterer Turm." (Hieronymus)

Oder unter dem Turm wird die Erhabenheit des [in Israel] aufgestellten Gesetzes verstanden: von der Erde ausgehend reichte es bis in den Himmel und mit ihm konnte die Ankunft Christi vorausgesehen werden. (Hilarius)

"Und reiste in ein anderes Land": Nicht indem er an einen anderen Ort ging, denn von keinem Ort kann Gott abwesend sein. Nur scheinbar geht er von dem Weinberg fort, damit den Winzer die Freiheit gegeben wird, so zu handeln, wie sie es wollen. (Hieronymus)

Oder das wird gesagt, weil der Herr einst am Tag in einer Wolkensäule, nachts aber in einer Feuersäule (Ex 13,21) mit ihnen war, später aber zeigte er sich ihnen nicht mehr auf ähnliche Weise. Bei Jesaja wird das jüdische Volk als Weinberg bezeichnet und die Schelte des Weinbergbesitzers gilt dem Weinberg. Im Neuen Testament aber wird nicht mehr der Weinberg beschuldigt, sondern die [für ihn verantwortlichen] Winzer. Aber vielleicht ist der Weinberg auch das Reich Gottes, das heißt, die Lehren, die in der Heiligen Schrift enthalten sind; die Frucht des Weinbergs ist dann ein untadeliges Leben der Menschen. Als Zaun darum herum hat man den Buchstaben der Schrift. So können die, die draußen sind, die darin verborgenen Früchte nicht sehen. Die Weinkelter bezeichnet die Tiefe der Weisungen Gottes: wie man die Früchte [in die Weinkelter] gibt, so legen diejenigen, die im Verständnis schon etwas vorangekommen sind, ihren ganzen Eifer in das Studium des Wortes Gottes. Der in ihm errichtete Turm aber ist das, was über Gott selbst und über das Tun Christi gesagt wird.[...] (Origenes)

34 Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seinen Anteil an den Früchten holen zu lassen.
35 Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, einen dritten steinigten sie.

Knechte heißen hier die Propheten, die wie die Priester des Herrn Opfer darbringen, nämlich die Früchte, die das Volk bringt, und die sichtbare Gerechtigkeit in den Werken, die sie selber vollbringen. Jene aber zeigen ihre Bosheit nicht nur darin, daß sie keine Früchte bringen, sondern auch dadurch, daß sie sich gegen die empörten, die zu ihnen kamen. [...] (Chrysostomus)

"Den einen prügelten sie" - wie Jeremia (Jer 20,2) -, "den andern brachten sie um" - wie Jesaja -, "einen dritten steinigten sie" - wie Nabot (1 Kön 21,1-16) oder Zacharias, den sie zwischen Tempel und Altar umbrachten (Mt 23,35). (Hieronymus)

36 Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erstemal; mit ihnen machten sie es genauso.
37 Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen; denn er dachte:

Daß zuletzt der Sohn geschickt wird, bezeichnet die Ankunft unseres Herrn. (Hilarius)

Warum aber sandte er ihn nicht sofort? Damit sie nach dem, was sie den anderen angetan hatten, die Möglichkeit hätten, sich selbst anzuklagen, von ihrem Wahnsinn abzulassen und ob der Ankunft des Sohnes Ehrfurcht zu zeigen. Es heißt ja: "Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben." (Chrysostomus)

38 Als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn töten, damit wir seinen Besitz erben.
39 Und sie packten ihn, warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um.

Mit den Worten der Winzer "Das ist der Erbe" zeigt der Herr deutlich, daß ihn die führenden Juden nicht aus Unwissenheit, sondern aus Neid ans Kreuz schlagen ließen. Sie haben nämlich verstanden, daß er der ist, von dem der Prophet [David] sagt: "Fordere von mir, und ich gebe dir die Völker zum Erbe" (Ps 2,8). Das Erbe, das dem Sohn gegeben wird, ist die heilige Kirche. Nicht, daß es ihm der Vater nach seinem Tod hinterlassen hätte, vielmehr erwarb er es durch seinen eigenen Tod auf wunderbare Weise. (Hieronymus)

Besonders als er in den Tempel ging und die Taubenhändler - die Tiere gehörten ja zum Opfer - hinauswarf, dachten sie daran ihn zu töten (Mk 11,18). Darum sagen sie: "Auf, wir wollen ihn töten." Sie sagten sich nämlich: es wird so kommen, daß das Volk seinetwegen die gewohnten Opfer aufgibt (die unseren Verdienst ausmachen) und es sich daran gewöhnt, das Opfer der Gerechtigkeit (das zur Ehre Gottes geschieht) darzubringen. Und so wird das Volk nicht mehr unser Eigentum, sondern Gottes Eigentum sein. Wenn wir ihn aber töten, dann wird die Opferpraxis weitergehen, weil keiner da ist, der vom Volk das Opfer der Gerechtigkeit einfordert; und also wird das Volk unser Eigentum bleiben. Das ist mit den Worten "damit wir seinen Besitz erben" gemeint. - Und das ist auch die verbreitete Überlegung bei allen fleischlich eingestellten Priestern, die ihren Eifer nicht darauf verwenden, daß das Volk ein Leben ohne Sünden führt, sondern die darauf schauen, was in der Kirche in den Opferkasten geworfen wird, und das dann als ihren Verdienst ansehen. (Pseudo-Chrysostomus)

40 Wenn nun der Besitzer des Weinbergs kommt: Was wird er mit solchen Winzern tun?
41 Sie sagten zu ihm: Er wird diesen bösen Menschen ein böses Ende bereiten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist.

Ein schwieriges Problem bei dieser Stelle ist, daß Lukas an dieser Stelle nicht nur verschweigt, daß die Zuhörer Jesu diese Antwort gaben,So wie Mk 12,9, wo Jesus selbst die Antwort gibt. sondern er sogar die gegenteilige Antwort überliefert. Er erzählt nämlich (Lk 20,16) so: "Als sie das (nämlich den Urteilsspruch aus dem Mund des Herrn) hörten, sagten sie: Das darf nicht geschehen!" Man kann das nur so verstehen, daß bei dem Volk, das zuhörte, einige das geantwortet haben, was Matthäus berichtet, andere aber das, was Lukas sagt, d.h. "Das darf nicht geschehen!"[...] (Augustinus, De Cons. Evang.)

Oder anders: Lukas erzählte das, was ihr Mund sprach, Matthäus aber das, was ihr Herz antwortete. Denn nach außen hin widersprachen sie ihm, indem sie sagten: "Das sei ferne", in ihrem Gewissen aber nahmen sie seine Rede auf mit den Worten "Er wird diesen bösen Menschen ein böses Ende bereiten." Das ist wie bei einem Menschen der bei einer schlechten Tat ertappt wird: mit Worten verteidigt er sich zwar, in seinem Inneren aber erkennt sein Gewissen die Schuld an. (Pseudo-Chrysostomus)

In moralischer Auslegungd.h. gemäß dem dritten der vier Schriftsinne (wörtlich, allegorisch, moralisch, anagogisch) wird dieser Weinberg jedem Menschen mit dem Sakrament der Taufe, das er in seinem Tun ausüben soll, anvertraut. Der erste, zweite und dritte Knecht werden gesandt, wenn das Gesetz, die Psalmen und die Propheten gelesen werden, auf deren Weisung hin man gut handeln soll. Der Abgesandte aber wird geschlagen und hinausgeworfen, wenn das Wort verachtet wird oder - noch schlimmer - man daran Anstoß nimmt. Den Erben tötet (soweit es an ihm liegt), wer den Sohn Gottes mit Füßen tritt und dem Geist der Gnade Schande macht. Dem bösen Bauern aber wird ein Ende bereitet und der Weinberg einem anderen gegeben, wenn ein Demütiger das Geschenk der Gnade annimmt, das ein Hochmütiger zurückgewiesen hat. (Hrabanus)

42 Und Jesus sagte zu ihnen: Habt ihr nie in der Schrift gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden; das hat der Herr vollbracht, vor unseren Augen geschah dieses Wunder?

In den verschiedenen Gleichnissen wird jeweils die selbe Sache behandelt; die er oben Arbeiter oder Bauern nannte, nennt er jetzt Bauleute, d.h. Maurer. (Hieronymus)

Der Stein ist Christus und Bauleute nennt er die jüdischen Lehrer, die Christus verwarfen, indem sie sagten: "Dieser Mensch ist nicht von Gott" (Joh 9,16). (Chrysostomus, In Matth.)

Doch auch wenn sie es nicht wollten, dieser Stein bildete als Eckstein den Abschluß, denn durch den Glauben an seine Person verband er aus beiden Völkern, so viele er wollte. (Hrabanus)

Damit sie schließlich lernten, daß nichts von dem, was er tat, gegen den Willen Gottes war, fügte er hinzu: "Das hat der Herr vollbracht". (Chrysostomus, In Matth.)

44 Und wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen.
43 Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die erwarteten Früchte bringt.

Mit dem Reich Gottes meint er die Geheimnisse des Reiches Gottes, das heißt, die heiligen Schriften, die der Herr zuerst jenem ersten Volk gab, dem die Worte Gottes anvertraut worden sind, dann aber den Heiden, die [die erwartete] Frucht brachten. Keinem wird nämlich das Wort Gottes anvertraut, wenn er dadurch nicht Frucht bringt, und keinem wird das Reich Gottes gegeben, solange die Sünde in ihm herrscht. [...] (Origenes, In Matth.)

Zu zerschellen ist eines, zermalmt zu werden etwas anderes, denn von dem, was zerschellt, bleibt etwas übrig, was aber zermalmt wird, das wird zu Staub verwandelt. Was aber auf den Stein fällt, das wird nicht durch die Kraft, die dem Stein innewohnt, zerbrochen, sondern durch die Kraft, mit der es fällt: sei es durch sein eigenes Gewicht oder durch die Höhe, aus der es fällt. So ist es mit dem Christen, der sündigt: er geht nicht dadurch verloren, weil Christus ihn zugrunde richten kann, sondern dadurch, daß er sich selbst durch seine Werke zugrunde richtet, also entweder durch die Größe seiner Sünde oder durch die hohe Würde [des Amtes, das er bekleidet]. [...] (Pseudo-Chrysostomus)

Oder er sagt das von denen, die ihn jetzt [bei seiner ersten Ankunft] verachten oder beleidigen, und deshalb gehen sie nicht völlig zugrunde, werden aber so gebrochen, daß sie nicht mehr aufrecht gehen können. Er fällt aber auf sie, wenn er vom Himmel zum Gericht kommt und die Strafe der Verdammung mit sich bringt. Und deshalb sagt er "er wird sie zermalmen", denn die Frevler sind "wie Spreu, die der Wind verweht" (Ps 1,4). (Augustinus, De quaest. Evang.)

 
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