Vorige Seite Vorige Seite   Index   Nächste Seite Nächste Seite
 

LESEJAHR B

Die Zeit im Jahreskreis

22. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mk 7,1-8.14-15.21-23
 
Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus
 
In jener Zeit
1 hielten sich die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, bei Jesus auf.

Die scheinbar ungebildeten Menschen aus der Gegend von Genezareth kamen nicht nur selbst, sondern brachten auch ihre Kranken zum Herrn,Vgl. Mk 6,53-56 damit sie wenigstens den Saum seines Gewandes berühren konnten. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten jedoch, die eigentlich die Lehrer des Volkes sein sollten, kamen zum Herrn nicht, um Heilung zu suchen, sondern um mit ihm Streitgespräche zu führen. (Beda)

2 Sie sahen, daß einige seiner Jünger ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen.
3 Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Handvoll Wasser die Hände gewaschen haben, wie es die Überlieferung der Alten vorschreibt.
4 Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen. Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln.
5 Die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragten ihn also: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten, sondern essen ihr Brot mit unreinen Händen?

Gerade weil die Jünger vom Herrn belehrt worden sind, nur das zu tun, was tugendhaft ist, aßen sie einfach mit ungewaschenen Händen. Die Pharisäer suchten aber einen Anlaß [zum Streit] und benutzten diesen Vorfall dazu; dabei warfen sie ihnen nicht vor, das [Mosaische] Gesetz zu übertreten, sondern sich nicht an die Überlieferung der Alten zu halten. (Theophylactus)

6 Er antwortete ihnen: Der Prophet Jesaja hatte recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.
7 Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen.
8 Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen.

Die geistlichen Worte der Propheten verstanden sie in einem fleischlichen Sinn: Mit den Worten "Wascht euch, reinigt euch!" (Jes 1,16) und "Haltet euch rein, denn ihr tragt die Geräte des Herrn" (Jes 52,1) wollten jene ihnen nahelegen, ihr Herz und ihre Taten zu prüfen; sie aber hielten sich nur so daran, indem sie ihren Körper wuschen. Es ist eine skrupulöse menschliche Satzung, wenn sie, um Brot zu essen, erneut die Hände waschen - obwohl sie sie schon einmal gewaschen haben - und wenn sie vom Markt kommen, nicht zu essen, ohne sich zu waschen. Die aber, die an dem Brot, das vom Himmel herabkommt, teilhaben wollen, müssen ihr Tun reinigen, indem sie [möglichst] oft Almosen geben, Buße tun und weitere Früchte der Gerechtigkeit hervorbringen. Und den Schmutz, mit dem man durch die Aufgaben und Sorgen in der Welt in Kontakt kommt, muß man dadurch wieder abwaschen, daß man beharrlich Gutes denkt und Gutes tut. Es ist also umsonst, wenn die Juden ihre Hände [vor dem Essen] waschen und sich selber waschen, wenn sie vom Markt kommen, solange sie sich nicht an der Quelle, die der Heiland ist, rein waschen wollen: nutzlos ist es, sich an die Reinigung[svorschriften] für die Gefäße zu halten, wenn man dabei vergißt, den Schmutz von seinem Leib und seinem Herzen abzuwaschen. (Beda, In Marc.)

Wie sonderbar ist das Unverständnis der Pharisäer und Schriftgelehrten: dem Sohn Gottes werfen sie vor, daß er sich an die Vorschriften und Überlieferungen der Menschen nicht hält! [...] (Hieronymus, Super Matth.)

14 Dann rief Jesus die Leute wieder zu sich und sagte: Hört mir alle zu und begreift, was ich sage:
15 Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.

Die Juden schauten auf die körperliche Reinheit, wie sie das Gesetz vorschreibt, und stritten darüber, der Herr aber will auf das Gegenteil hinaus. [...] Das Gesetz schaut auf das, was dem Menschen äußerlich ist, die Gebote Christi sehen auf das, was im Menschen ist. (Pseudo-Chrysostomus)

Die Juden, die sich brüsten, auf der Seite Gottes zu stehen, nennen diejenigen Speisen unrein, die die anderen Menschen alle essen, z. B. Muscheln, Hasen und ähnliches. Doch zum Götzenopfer wird etwas nicht dadurch, daß es [eine bestimmte] Speise ist - insofern ist es ja Gottes Schöpfung -, sondern die Anrufung der Dämonen macht es unrein. Und Jesus gibt auch den Grund dafür an: "denn es gelangt ja nicht in sein Herz" (Mk 7,19). [...] (Beda)

Es heißt, "in sein Herz", also in den Willen,'Mens' ist hier mit Wille wiedergegeben. der den Hauptteil der Seele ausmacht und der das ganze menschliche Leben bestimmt. Danach also soll man einen Menschen rein oder unrein nennen, und deshalb können Dinge, die den Willen des Menschen nicht beeinflussen, ihn auch nicht unrein machen. Speisen können den Menschen also von Natur aus nicht unrein machen, denn sie beeinflussen seinen Willen nicht; der maßlose Konsum von Speisen jedoch, der daher kommt, daß der Wille selbst sein Maß verloren hat, betrifft die Reinheit oder Unreinheit eines Menschen. [...] (Glossa)Diese 'Glosse' stammt wahrscheinlich von Thomas selbst, vgl. Summa Theologiae II/II, qu. 148,1 und I, qu. 119,1.

Weil also nicht die Speisen die Menschen unrein machen, sondern das Böse, das man tut, und die Leidenschaften, die aus dem Inneren des Menschen kommen; darum heißt es "was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein." (Beda)

Dadurch werden aber auch diejenigen widerlegt, die glauben, daß die [bösen] Gedanken vom Teufel eingegeben und nicht aus dem eigenen Willen geboren werden. Der Teufel kann die bösen Gedanken hören und sie verstärken, ihr Urheber aber kann er nicht sein. (Beda)

Aus den bösen Gedanken aber entstehen später böse Taten, sie werden im Folgenden aufgezählt. (Glossa)

21 Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord,
22 Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft.
23 All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.

Als Schuld wird dem Menschen das angerechnet, was in seiner Macht steht; und das ist das, was von dem Willen in seinem Inneren bewirkt wird, denn durch diesen ist der Mensch Herr über sein Handeln. (Glossa)

 
Vorige Seite Vorige Seite Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang Nächste Seite Nächste Seite