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LESEJAHR B

Die Zeit im Jahreskreis

21. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Joh 6,60-69
 
Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
 
In jener Zeit
60 sagten viele der Jünger Jesu, die ihm zuhörten: Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören?

Jesus hatte so zu ihnen gesprochen,Vgl. Joh 6,22-59 doch sie haben nicht wahrgenommen, daß er mit diesen Worten etwas Großes gesagt hatte und eine [große] Gnade damit verbunden war. Sie verstanden es vielmehr so, wie sie es wollten, das heißt auf rein menschliche Weise: daß Jesus das Fleisch, mit dem das [göttliche] WORT angetan war, nehmen würde, es auseinanderschneiden und an seine Gläubigen verteilen würde. Darum heißt es: "viele aber, die ihm zuhörten" - nicht seine Gegner, sondern seine Jünger -, sagten: "Was er sagt, ist unerträglich." (Augustinus, In Joh. tr. 27,2)

Das heißt, schwierig aufzunehmen und ihren schwachen Geist überfordernd, sie glaubten nämlich, daß er über sich selbst Größeres sagte als ihm zustand, und so sprachen sie: "Wer kann das anhören?" Damit antworteten sie für sich selbst: "Wir können es nicht." (Chrysostomus, Hom. in Joh. 47,2)

Wenn aber schon seine Jünger diese Rede als hart empfanden, was sollten dann erst seine Gegner sagen? Obwohl es also von den Menschen nicht verstanden wurde, mußte es doch gesagt werden: das Geheimnis Gottes soll die Menschen aufhorchen lassen, sie aber nicht zu seinen Gegnern machen. (Augustinus, In Joh. tr. 27,3)

61 Jesus erkannte, daß seine Jünger darüber murrten, und fragte sie: Daran nehmt ihr Anstoß?
62 Was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn hinaufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war?

Wenn man aber hört, "daß seine Jünger darüber murrten", so sind damit nicht die gemeint, die wirklich seine Jünger waren, sondern jene, die dem Anschein nach - d. h. so wie es aussah und wie sie sich verhieltenLat.: in habitu et figura - von ihm belehrt wurden. Denn unter den Jüngern gab es einige aus dem Volk, die [nur deshalb] Jünger hießen, weil sie sich lange Zeit bei seinen Jüngern aufhielten. (Theophylactus)

Sie sprachen solches nur untereinander, damit er es nicht hörte. Er aber wußte, was in ihnen vorging, und hörte es bei sich selbst,Lat.: apud seipsum audiebat - das gibt den Vg-Text 'sciens apud seipsum' wieder. darum heißt es: " Jesus wußte bei sich selbst, daß seine Jünger darüber murrten, und sagte zu ihnen: Daran nehmt ihr Anstoß?" (Augustinus, In Joh. tr. 27,3)

"An dem nämlich, was ich euch gesagt habe: mein Fleisch zu essen und mein Blut zu trinken." (Alkuin)

Es war ein Zeichen seiner Gottheit, wenn er das, was verborgen war, ans Licht brachte. Darum folgt auch: "wenn ihr den Menschensohn hinaufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war." - Ergänze hier: "Was werdet ihr sagen?" - Dasselbe tat er auch bei Nathanael, als er sagte: "Du glaubst, weil ich dir sagte, daß ich dich unter dem Feigenbaum sah? Du wirst noch Größeres sehen." Er häuft also nicht Fragen über Fragen, sondern durch die Großartigkeit und Fülle seiner Lehren, will er sie überzeugen. Und er sagt das nicht, weil er den Jüngern ein Ärgernis geben will, sondern um das Ärgernis von ihnen zu nehmen. Denn solange sie glaubten, daß er von Josef abstammte, konnten sie das, was er gesagt hatte, nicht aufnehmen, wenn sie aber glaubten, daß er vom Himmel herabgestiegen ist und dorthin wieder aufsteigen wird, würden sie das, was er gesagt hatte, leichter aufnehmen. (Chrysostomus, Hom. in Joh. 47,2)

Oder so: Dadurch klärt er [das Problem], das sie bewegt hatte. Jene glaubten, er werde seinen Leib töten und verteilen [lassen], er aber sagt, daß er in den Himmel hinaufsteigen wird - und zwar als ganzer, denn er sagt ja: "wenn ihr den Menschensohn hinaufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war." Und dann werdet ihr auch sehen, daß er seinen Leib nicht so wie ihr glaubt verteilen wird und daß seine Gnade sich nicht dadurch verbraucht, daß sie aufgegessen wird.Lat.: gratia eius non consumitur morsibus
Christus wurde ein Mensch aus der Jungfrau Maria hier auf dieser Erde und er nahm Fleisch an von dieser Erde. Was will er mit den Worten "wenn ihr den Menschensohn hinaufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war" anderes erreichen, als daß wir erkennen: Christus als Mensch und Gott ist eine Person und nicht zwei Personen? Wir sollten ja nicht an eine Vierfaltigkeit glauben, sondern an die Dreifaltigkeit! So wie er auf der Erde der Gottessohn war, so war er im Himmel der Menschensohn: Sohn Gottes war er auf der Erde in dem Fleisch, das er angenommen hatte, und Menschensohn ist er im Himmel durch die Einheit der Person. (Augustinus)

Man soll deswegen nicht glauben, daß der Leib Christi vom Himmel herabgestiegen ist - das behaupten die häretischen Markioniten und Apollinarius -, es bedeutet vielmehr, daß der Sohn Gottes und der Menschensohn ein und derselbe sind. (Theophylactus)

63 Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben.

[...] Dadurch sagt er: Was über mich gesagt wird, muß man geistlich verstehen, wer es fleischlich versteht, hat keinen Nutzen davon. "Fleischlich verstehen" bedeutet: nur das zu sehen, was vor Augen steht, und sich nichts darüber hinaus vorzustellen. So darf man aber nicht urteilen, sondern man muß alle [Glaubens-]Geheimnisse mit den inneren Augen anschauen; und das heißt, man muß sie immer geistlich verstehen. Fleischlich war es also, zu zweifeln, wie er uns sein Fleisch zu essen geben kann. Doch was also? Ist es kein wahres Fleisch? Doch durchaus. Daß das Fleisch nichts nützt, sagt er ja nicht von seinem Fleisch, sondern von dem Fleisch dessen, der das Gesagte fleischlich aufgenommen hat. (Chrysostomus, Hom. in Joh 47,3)

Oder anders: "Das Fleisch nützt nichts." Aber wie verstanden sie [dieses Wort]? Bei "Fleisch" dachten sie an das Fleisch eines toten Körpers, das [von wilden Tieren] zerfetzt wird, oder das Fleisch, das man beim Metzger verkauft, nicht aber an das, wie es im Geist lebt. Wenn der Geist zum Fleisch hinzutritt, dann ist es von sehr großem Nutzen. Denn wenn das Fleisch überhaupt keinen Nutzen hätte, dann wäre das WORT nicht Fleisch geworden, um unter uns zu wohnen (vgl. Joh 1,14), zu unserem Heil also hat der Geist durch das Fleisch in uns etwas bewirkt. (Augustinus, In Joh. tr. 27,5)

Das Fleisch wird auch nicht durch sich selbst rein, sondern durch das WORT, von dem es angenommen worden ist. Dieses WORT ist der Ursprung von allem, es hat Seele und Fleisch angenommen und so reinigt es die Seele und das Fleisch der Glaubenden. "Der Geist also ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts," das Fleisch nämlich, so wie sie es verstanden. Doch nicht so gebe ich [euch] mein Fleisch zu essen, und nicht fleischlich dürfen wir sein Fleisch verkosten. (Augustinus)

Wenn du es also geistlich verstehst, dann sind dir [sein Fleisch und sein Blut] "Geist und Leben". Und auch dann, wenn du es fleischlich verstehst, sind sie Geist und Leben, aber nicht für dich.Wir haben gesagt, daß der Herr sich uns hier im Essen seines Fleisches und im Trinken seines Blutes anvertraut, so daß wir in ihm bleiben und er in uns.Vgl. 1 Joh 4,13: Daran erkennen wir, daß wir in ihm bleiben und er in uns bleibt: Er hat uns von seinem Geist gegeben. Wodurch aber wird das bewirkt, wenn nicht durch die Liebe? "Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist," (Röm 5,5) also ist es der Geist, der lebendig macht. (Augustinus, In Joh. tr. 27)

64 Aber es gibt unter euch einige, die nicht glauben. Jesus wußte nämlich von Anfang an, welche es waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde.

Er sagt nicht: "Es gibt unter euch einige, die [meine Worte] nicht verstehen," sondern er gibt den Grund an, warum sie nicht verstehen. Der Prophet sagt nämlich: "Glaubt ihr nicht, so versteht ihr nicht!"Jes 7,9 (Vg): nisi credideritis, non intelligetis Denn wenn sich jemand gegen ihn stellt, wie kann er lebendig gemacht werden? Es ist [oft] so, daß ein Gegner nicht das Gesicht von dem Lichtstrahl, von dem er durchdrungen werden soll, abwendet, vielmehr verschließt er seinen Geist. Doch diejenigen, die glauben und [sich ihm] öffnen, die werden erleuchtet. (Augustinus, In Joh. tr. 27,7)

Damit man aber erkennt, daß Christus das schon vor diesen Worten erkannte und nicht erst, nachdem sie murrten und Anstoß nahmen, darum fügt der Evangelist hinzu: "Jesus wußte nämlich von Anfang an, welche es waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde." (Chrysostomus)

Der Evangelist will uns dadurch auch zeigen, daß er schon vor der Erschaffung der Welt alles vorauswußte,Vgl. Eph 1,4 und das war ein Zeichen seiner Gottheit. (Theophylactus)

65 Und er sagte: Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist.

Er sagt damit gewissermaßen: es verwirrt mich nicht und ich wundere mich nicht darüber, wenn sie nicht glauben, ich weiß, wem es der Vater gegeben hat. Und er sagt das, um zu zeigen, daß er nicht so gesprochen hatte, um Ruhm von ihnen zu ernten, sondern um sie davon zu überzeugen, daß sie Gott für seinen Vater halten sollten und nicht Josef. (Chrysostomus, Hom. in Joh. 46,2)

Auch der Glaube ist also etwas, das uns gegeben wird, und er ist nicht nichts. Wenn es aber etwas Großes ist, dann freue dich darüber, aber werde nicht überheblich, denn "was hast du, das du nicht empfangen hättest?" (1 Kor 4,7) Wer aber der heiligen Schrift nicht auf das offensichtlichste widersprechen möchte, der wird nicht bezweifeln, daß dieses Geschenk manchen gegeben wird, anderen aber nicht. Warum es aber nicht allen gegeben wird, das braucht den Glaubenden nicht zu erschüttern, wenn er glaubt, daß alle insgesamt der gerechten Strafe verfallen waren und deshalb Gott auch dann nicht zu Recht getadelt werden könnte, wenn kein einziger ihr entginge. Von daher steht vielmehr fest, daß es eine große Gnade ist, wenn viele ihr entgehen. Warum er aber diesen eher verschont als jenen, das gehört zu seinen unergründlichen Entscheidungen und zu seinen unerforschlichen Wegen (vgl. Röm 11,33). (Augustinus, In Joh. tr. 27,7)

66 Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher.

Er sagt [damit] nicht, sie traten ein Stück zurück, sondern sie gingen weg und dorthin, von wo sie gekommen waren,Lat.: abierunt retro das heißt, sie hörten nicht mehr auf ihnLat.: auditio secundum virtutem - ein Hören [seiner Worte], das mit der richtigen Einstellung und dem richtigen Tun verbunden ist. und sie verloren den Glauben, den sie einst hatten. (Chrysostomus, Hom. in Joh. 47,3)

Und siehe: vom Leib [Christi] getrennt, verloren sie das Leben, denn sie waren nicht mehr im Leib und wurden zu denen gezählt, die nicht glauben. Es waren aber nicht wenige, die weggingen, sondern viele folgten dem Satan anstatt Christus. [...] (Augustinus, In Joh. tr. 27,8)

Jetzt mag einer fragen: War es denn an der Zeit, etwas auszusprechen, was dem, was er aufgebaut hatte, Schaden zufügte? Ja, es war sehr nützlich und notwendig, denn sie bedrängten ihn ja, indem sie von ihm eine leibliche Speise verlangten und ihn an jene Speise errinnerten, die zur Zeit ihrer Väter gegeben worden wardas Manna - er aber erinnert sie an die geistliche Speise und daß all jene [Wunder] nur Vorausbilder waren. Sie mußten also nicht Anstoß an ihm nehmen, vielmehr wäre es angemessen gewesen, wenn sie ihn [um diese geistliche Speise] gebeten hätten. Daß sie Anstoß nahmen, zeigt, wie wenig sie verstanden hatten,Lat.: amentia eorum und nicht, wie schwierig das war, was er sagte. (Chrysostomus, Hom. in Joh. 46,2)

Vielleicht ist das aber auch zu unserem Trost geschehen, denn es kommt vor, daß ein Mensch die Wahrheit ausspricht, aber man versteht nicht, was er sagt, und seine Zuhörer nehmen Anstoß daran und gehen weg. Da mag es diesen Menschen reuen, daß er die Wahrheit sagte, und er sagt sich: Ich hätte nicht auf diese Weise sprechen sollen, zwar ist es dem Herrn genauso ergangen, daß er die Wahrheit sprach und dadurch viele verlor, aber er ließ sich dadurch nicht verwirren, denn er wußte "von Anfang an, welche es waren, die nicht glaubten," wenn es aber uns so ergeht, dann sollen wir in uns gehen! So finden wir Trost im Herrn, und werden doch bedächtig in dem, was wir sagen. (Augustinus, In Joh. tr. 27,8)

67 Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen?
68 Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.
69 Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.

Von den übrigen Jüngern, die geblieben waren, wußte der Herr schon, ob sie weggehen wollten, aber dennoch fragte er sie, damit ihr Glaube zutage tritt und als Beispiel zur Nachahmung für andere dient. (Beda)

Das war auch die richtige Weise, sie an sich zu ziehen. Denn wenn er sie gelobt hätte, dann hätten sie - entsprechend einem natürlichen menschlichen Empfinden - geglaubt, sie würden Christus einen Gefallen tun, wenn sie nicht weggingen; er aber zeigt, daß er nicht darauf angewiesen ist, daß sie ihm nachfolgen, und so hält er sie umso mehr bei sich. Er sagte ihnen auch nicht: "Geht weg!", denn dadurch hätte er sie davongetrieben, vielmehr fragte er sie, ob sie weggehen möchten, und schließt dadurch jeden Druck und jeden Zwang aus. Er wollte ja nicht, daß sie sich durch ein [falsches] Anstandsgefühl verpflichtet sähen, und wenn er sie mit Zwang zurückgehalten hätte, dann wäre das genauso gewesen, als wenn sie weggegangen wären. Und Petrus, der die Brüder liebte und der die Freunschaft bewahren wollte, antwortet für die ganze Gemeinschaft. Darum folgt: "Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen?" (Chrysostomus, Hom. in Joh. 47,3)

Petrus will dadurch sagen: "Du schickst uns von dir weg - dann gib uns einen anderen, zu dem wir gehen können, wenn wir dich verlassen!" (Augustinus, In Joh. tr. 27,9)

Dieses Wort aber zeigt, wie groß die freundschaftliche Verbundenheit war, denn es war ihnen wichtiger, Christus zu ehren, als ihre Väter und Mütter. Damit es aber nicht so aussehe, als habe Petrus das nur gesagt, weil es keinen anderen gab, der sie aufgenommen hätte, fügt er hinzu: "Du hast Worte des ewigen Lebens." Er hat dabei die Worte des Meisters "... ich werde ihn auferwecken und er wird das ewige Leben haben" (Joh 6,54) im Ohr, und er zeigt dadurch, daß er sich an diese Worte erinnert. Die Juden sagten: "Er ist der Sohn Josephs", doch Petrus sagt: "Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist Christus, der Sohn Gottes" (Joh 6,69 Vg) (Chrysostomus, Hom. in Joh. 47,3)

"Wir haben geglaubt," damit wir erkennen konnten. Denn hätten wir erst erkennen und dann glauben wollen, könnten wir weder erkennen noch glauben. Und das haben wir geglaubt und erkannt: "Du bist Christus, der Sohn Gottes." Das heißt: Du selbst bist das ewige Leben und in deinem Fleisch und Blut gibst du uns nichts anderes, als was du selber bist. (Augustinus In Joh. tr. 27,9)

 
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