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LESEJAHR B

Die Zeit im Jahreskreis

11. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mk 4,26-34
 
Das kleinste von allen Samenkörnern geht auf und wird größer als alle anderen Gewächse
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus
 
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge:
26 Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät;
27 dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst, und der Mann weiß nicht, wie.
28 Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre.
29 Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da.

Oben hatte er ein Gleichnis erzählt, das von drei Samenkörnern handelte, die auf verschiedene Weise verloren gingen, und von einem, das bewahrt wurde,Vgl. Mk 4,1-9 darin zeigt er drei Unterschiede auf, die sich auf das Maß des Glaubens und des Wirkens beziehen. Das Gleichnis hier handelt dagegen nur von den Geretteten. (Pseudo-Chrysostomus)

Das Reich Gottes ist die Kirche, die von Gott geleitet wird, die selbst über die Menschen herrscht und die alle gottwidrigen Mächte und Taten bekämpft. (Pseudo-Hieronymus)

Oder aber das Reich Gottes ist nichts anderes als der Glaube, den wir an ihn selber und an seine Menschwerdung haben, denn "mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät" - er selbst ist Gott und Sohn Gottes, Mensch geworden für uns, ohne dabei eine Veränderung zu erfahren; und so warf er den Samen auf die Erde, das heißt er erleuchtete die ganze Erde mit dem Wort göttlicher Erkenntnis. (Pseudo-Chrysostomus)

Der Samen ist nämlich das Wort des Lebens, die Erde das menschliche Herz. Daß der Mann schläft, bezeichnet den Tod des Erlösers. Der Samen aber wächst bei Tag und bei Nacht, denn nach dem Schlaf Christi wächst die Zahl der Gläubigen in guten und in schlechten Zeiten immer mehr an und ihr Glaube und ihre Werke nehmen zu. (Pseudo-Hieronymus)

Oder aber: Christus schläft, das heißt er stieg in den Himmel auf. Nur scheinbar schläft er dort, denn bei Nacht steht er auf, wenn er uns durch Versuchungen aufrichtet, so daß wir ihn erkennen, und bei Tag steht er auf, wenn er aufgrund unserer Gebete unser Heil wirkt. (Theophylactus)

Wenn es heißt "und er weiß nicht, wie", so ist das im übertragenen Sinne gemeint, das heißt, er läßt uns nicht wissen, welche Frucht bis zum Ende Bestand hat. (Pseudo-Hieronymus)

Oder es heißt "und er weiß nicht, wie", um auf den freien Willen derjenigen hinzuweisen, die das Wort aufnehmen. Sein Werk vertraut er nämlich unserer EntscheidungWörtlich: unserem Willen an und tut es nicht ganz alleine, damit es nicht so aussieht, als ob das Gute gegen unseren Willen bewirkt worden wäre. Darum wird auch ergänzt: "Von selbst bringt die Erde ihre Frucht" - das heißt, nicht gegen ihren Willen und aus Notwendigkeit, sondern in Übereinstimmung mit ihrem Willen wird sie dazu gebracht, Frucht zu bringen. (Pseudo-Chrysostomus)

"Zuerst den Halm", das heißt die [Gottes-]Furcht, denn "Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit" (Ps 111,10), "dann die Ähre", das heißt die von Tränen begleitete Reue,Hier wird mit der Doppelbedeutung von 'spica' als Ähre und als Spitze (Stachel) gespielt. und schließlich "das volle Korn in der Ähre", das ist die Liebe, die Liebe ist nämlich die Fülle des Gesetzes.Vgl. Röm 13,10

Oder: Zuerst zeigt sich der Halm im natürlichen Gesetz, er wächst allmählich heran und bringt dann Ähren hervor, die in einem Bund gesammelt und dem Herrn auf dem Altar dargebracht werden, nämlich im Gesetz des Mose. Schließlich zeigt sich die volle Frucht im Evangelium.
Oder: Wir dürfen nicht nur die Blätter des Gehorsams hervorbringen, sondern müssen wie ein [Getreide-]Halm die Ähren aufrecht halten, und dürfen uns nicht um den Wind kümmern, der uns hin und her peitscht. Und wir müssen uns um unsere Seele kümmern, indem wir beständig unsere Taten bedenken, damit wir wie die Ähre schließlich Früchte hervorbringen, das heißt, daß wir in unserem Tun vollkommene Tugend an den Tag legen. (Pseudo-Chrysostomus)

Den Halm bringen wir hervor, wenn wir anfanghaft das Gute zeigen, dann kommt die Ähre, wenn wir es vermögen, Versuchungen zu widerstehen, schließlich aber zeigt sich die Frucht, wenn einer etwas Vollkommenes vollbringt. (Theophylactus)

Oder noch einmal anders: Der Mensch sät den Samen auf den Acker, wenn er seinem Herzen die rechte Absicht einpflanzt. Er schläft, wenn er in der Hoffnung Ruhe findet, daß daraus ein gutes Werk erwachsen wird. Bei Tag und bei Nacht steht er auf, weil er unter widrigen und unter günstigen Umständen Fortschritte macht, auch wenn er es nicht weiß, das heißt, wenn er zwar selbst seine Fortschritte nicht messen kann, aber doch durch die Tugend, die ihm eingepflanzt wurde, zur Vollkommenheit gelangt. [...] (Gregor der Große, Hom. in Ez.)

30 Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben?
31 Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät.
32 Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, so daß in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können.

Nachdem er das Gleichnis von der Fruchtbarkeit des Samens des Evangeliums erzählt hatte, fügt er dem ein weiteres Gleichnis hinzu, das zeigen soll, daß die Lehre des Evangeliums alle anderen Lehren übertrifft, und deswegen heißt es: "Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen?" (Glossa)

In der Tat, winzig klein ist das Wort, das den Glauben ausmacht: Glaube an Gott, und du wirst gerettet sein. Doch die Verkündigung [dieses Wortes] hat sich über die Erde ausgebreitet und ist so groß geworden, daß die Vögel des Himmels - das sind die kontemplativen Menschen, voll tiefen Wissens und Erkenntnis - darunter wohnen. Wieviele weise Menschen unter den Heiden haben ihre Weisheit aufgegeben und ruhen nun aus unter der Predigt des Evangeliums? Dessen Verkündigung ist größer als alles andere geworden. (Theophylactus)

Und das, was den Menschen mit knappen Worten verkündet wurde, die Weisheit, die unter den Vollkommenen verbreitet wurde,Vgl. 1 Kor 2,6 sie nimmt nun mehr Raum ein als alle anderen [menschlichen] Reden, denn nichts ist größer als diese Wahrheit. (Chrysostomus)

Und große Zweige hat es hervorgebracht, denn einige der Apostel kamen nach Rom, einige nach Indien, einige in noch andere Teile der Welt: wie Zweige verteilten sie sich. (Theophylactus)

Oder aber: Sehr klein ist es, was die Furcht angeht, groß aber hinsichtlich der Liebe. Sie ist größer als alle anderen Gewächse, denn Gott ist die Liebe, "alles Sterbliche aber ist wie Gras" (Jes 40,16, vgl. Sir 14,18). [Die Liebe] aber bringt die Zweige des Erbarmens und des Mitleids hervor, so daß die Armen Christi - das sind die Vögel des Himmels - unter seinem Schatten voll Freude wohnen. (Hieronymus)

Unter dem Sämann aber wollen die meisten den Erlöser selber verstanden wissen, doch andere sehen darin den Menschen, der das Wort in sein Herz einpflanzt. (Beda)

33 Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten.
34 Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.

Zum Schluß aber zeigt Markus, der sich immer sehr kurz hält, die Natur der Gleichnisse auf, indem er hinzufügt: "Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten." (Chrysostomus)

Weil die Menge der Leute ungelehrt war, unterwies er sie, indem er auf Nahrungsmittel und [andere] bekannte Dinge zurückgriff. Dadurch sollten sie bewegt werden, zu ihm zu kommen und ihn zu fragen. Weiter folgt: "seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war." Das heißt, daß er ihnen nicht einfach alles erklärte, das was deutlich war und das was weniger deutlich war, sondern er sprach nur über das, was sie nicht wußten und wonach sie ihn fragten. (Theophylactus)

Jene aber waren würdig, die Geheimnisse in ihrem Inneren und voll Erfurcht vor der Weisheit zu hören, denn sie entfernten sich von der Menge übler Gedanken und verharrten in der Einsamkeit der Tugend: Weisheit wird nämlich nur in einer Zeit der [inneren] Ruhe aufgenommen. (Pseudo-Hieronymus)

 
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