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LESEJAHR A

Die Drei Österlichen Tage und die Osterzeit

2. SONNTAG DER OSTERZEIT
WEIßER SONNTAG

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Joh 20,19-31
 
Acht Tage darauf kam Jesus und trat in ihre Mitte
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
 
19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!

Auf die Verkündigung der Auferstehung durch Maria von Magdala konnten die Jünger in zwei Weisen reagieren: Entweder sie trauten der Botschaft nicht, oder sie nahmen sie glaubend an, waren aber traurig, daß der Herr sie selbst nicht für wert gehalten habe, sich ihnen zu zeigen. Doch er überließ sie nicht einen einzigen Tag lang diesen trübseligen Gedanken; sondern als es Abend geworden war, trat er zu ihnen, die bereits von seiner Auferstehung wußten und danach dürsteten, ihn zu sehen, und voll Furcht waren. (Chrysostomus)

Er kam bei verschlossenen Türen, damit deutlich werde, daß er auf die gleiche Weise auferstanden war, während der Stein das Grab verschloß. (Theophylactus)

Manche werden durch dieses Ereignis so aus der Fassung gebracht, daß sie nahezu vom rechten Weg abkommen, indem sie ihre eigenen Vernunftargumente, die aber aus Voreingenommenheit stammen, gegen die Wundertaten Gottes ins Feld führen. Sie argumentieren nämlich: Wenn es sich um einen Körper handelte, und wenn es derselbe Leib war, der am Kreuz gehangen hatte, wie konnte er durch verschlossene Türen eintreten? Wenn du die Art und MaßLat.: modus begreifst, dann ist es kein Wunder. Wo der Verstand versagt, da findet der Glaube seine Auferbauung. Du willst von mir wissen: Wenn er durch die verschlossene Tür eintrat, wo ist die AusdehnungLat. modus des Leibes? Ich antworte: Als er über dem See wandelte, wo war das Gewicht des Leibes? Das wirkte der Herr als Herr. Hat er etwa nach der Auferstehung aufgehört, der Herr zu sein? (Augustinus, Osterpredigt)

Der Materie des Leibes, in dem die Gottheit war, konnten die verschlossenen Türen keinen Widerstand leisten. Ohne sie zu öffnen, konnte er eintreten, blieb doch auch bei seiner Geburt die Jungfräulichkeit seiner Mutter unversehrt. (Augustinus, In Io., tr. 121)

Es ist doch auf den ersten Blick verwunderlich, daß sie ihn nicht für eine Einbildung hielten. Doch war ja schon vorher die Frau gekommen und hatte in ihnen durch ihre Botschaft schon ziemlich viel Glauben bewirkt. Und auch er selbst zeigte sich ihnen handgreiflich und festigte ihren schwankenden Geist mit seinem Wort: Friede mit euch. [...] Damit ruft er ihnen in Erinnerung, was er bereits vor der Kreuzigung gesprochen hatte: Meinen Frieden gebe ich euch (Joh 14, 27) und Ihr werdet in mir Frieden haben (Joh 16, 33). (Chrysostomus)

20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, daß sie den Herrn sahen.

Weil aber ihr Glaube noch schwankte beim Anblick seines Leibes, den sie sehen konnten, zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Nägel hatten seine Hände durchbohrt, die Lanze seine Seite geöffnet: Hier blieben die Spuren der Wunden erhalten, um die Herzen der Zweifelnden zu heilen. (Gregor der Große)

Als der Herr von den Seinen so wahrgenommen werden sollte, daß er auch nicht erkannt werden konnte, da war die Herrlichkeit, in der die Gerechten leuchten werden wie die Sonne (Mt 13,43) im Reiche ihres Vaters, vor den Augen der Jünger am Leibe des Auferstandenen eher verborgen, als daß sie gefehlt hätte - denn der schwache Blick eines Menschen könnte sie nicht ertragen. (Augustinus)

Zugleich zeigt er mit diesem Friedensgruß die Kraft des Kreuzes: alle Traurigkeit löst er dadurch, alle Güter schenkt er dadurch. Und eben das ist "Friede". (Chrysostomus)

21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

Wenn ich euch nun mitten in das Ärgernis der Verfolgung sende, liebe ich euch mit der gleichen Liebe, wie der Vater mich liebt, den er in die Welt kommen ließ, um Leiden zu erdulden. (Gregor der Große)

22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!

Dieser körperliche Hauch war nicht der Heilige Geist selbst, sondern ein passendes Zeichen, das zeigen sollte, daß der Heilige Geist nicht nur vom Vater, sondern auch vom Sohn ausgeht. (Augustinus)

Was ist der Grund dafür, daß der Hl. Geist den Jüngern zuerst auf Erden gegeben, dann vom Himmel gesandt wurde? Doch wohl, weil es zwei Gebote der Liebe gibt, der Gottes- und der Nächstenliebe. Auf Erden wird der Geist gegeben, damit der Nächste geliebt werde, vom Himmel wird er gegeben, damit Gott geliebt werde. Wie die Liebe nur eine einzige ist, doch das Gebot ein doppeltes, so ist der Heilige Geist nur einer, doch gibt er die zwei Tugenden. (Gregor der Große)

Manche Leute sage, daß der Herr hier nicht den Hl. Geist gab, sondern die Jünger durch den Hauch vorbereitete und befähigte, den Hl. Geist zu empfangen. Denn wenn schon Daniel beim Anblick eines Engels außer sich geriet und eine Entrückung erlitt, was wäre mit den Jüngern geschehen, wenn ohne Vorbereitung jene unaussprechliche Gnade über sie gekommen wäre? Auch geht derjenige nicht fehl, der sagt, daß die Jünger die geistliche Vollmacht damals nicht zu Wundertaten und Totenerweckungen erhielten, sondern zur Vergebung der Sünden. Darum folgt: Welchen ihr die Sünden nachlaßt ... (Chrysostomus)

23 Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.

Man soll wissen, daß diejenigen, welche zuerst den Hl. Geist besaßen, um selbst ohne Schuld zu leben und durch ihre Verkündigung manchen zu nützen, nun nach der Auferstehung des Herrn den Hl. Geist offenkundig empfingen, damit sie nicht nur einigen wenigen, sondern vielen nützen könnten. Ich bitte euch, betrachtet einmal, daß die Jünger zu ebensolchen Lasten der Demut berufen wurden, wie sie zu einem Gipfel an Herrlichkeit geführt wurden. Sie sollten nicht nur in Hinsicht auf sich selbst sicher sein, sondern die Vorrangstellung erhalten, ein im Himmel gültiges Urteil zu sprechen: daß sie an Gottes statt Sünden nachlassen oder behalten könnten. Ihren Platz nehmen jetzt in der Kirche die Bischöfe ein; wer das Leitungsamt übernimmt, empfängt die Vollmacht zu binden und zu lösen. Eine überragende Ehre, aber sie ist auch eine schwere Last. Hart ist es, wenn jemand, der es nicht versteht, das eigene Leben recht zu ordnen, Richter sein soll über das eines anderen. (Gregor der Große)

Wenn ein Priester bzw. Bischof sein eigenes Leben recht führt, um das der anderen aber nicht gewissenhaft Sorge trägt, wird er mit den Übeltätern in die Hölle kommen. Da ihr nun wißt, wie groß die Gefahr ist, erweist den Bischöfen liebevolle Ehrerbietung, auch wenn sie nicht besonders hervorragende PersönlichkeitenLat.: non valde nobiles sind. Denn es entspricht nicht der Gerechtigkeit, daß sie von den Untergebenen gerichtet werden. Selbst wenn ihr Leben verachtenswert wäre, so soll man dennoch nicht Anstoß nehmen an dem, was ihnen von Gott anvertraut wurde. Kein Priester, kein Engel, kein Erzengel vermag an den Gaben Gottes etwas zu bewerkstelligen, sondern der Vater, der Sohn und der Heilige Geist spenden alles. Der Priester stellt seine Zunge und seine Hand zur Verfügung. Es ist also nicht recht, daß diejenigen, die zum Glauben kommen, an den Glaubensgeheimnissen unseres Heiles Anstoß nehmen wegen der Schlechtigkeit einer anderen Person. (Chrysostomus)

24 Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.

Es war kein Zufall, daß jener erwählte Jünger Thomas damals nicht anwesend war. Die Güte Gottes hat es auf wunderbare Weise so gewirkt, daß der zweifelnde Jünger die Wunden unseres Unglaubens heilen sollte, indem er die Wunden am Leibe seines Meisters berührte. Der Unglaube des Thomas nützte uns mehr zum Glauben als der Glaube der übrigen Jünger. Denn indem er durch die Berührung zum Glauben zurückgeführt wird, wird unser Herz im Glauben gefestigt und wirft allen Zweifel hinter sich. (Gregor der Große)

25 Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.
26 Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt, und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch!

Betrachte die Güte unseres Herrn: Um einer einzigen Seele willen zeigt er sich mit seinen Wunden, er kommt, um einen einzigen zu retten. (Chrysostomus)

27 Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

Da steht nun Jesus und wartet nicht, bis er von Thomas gefragt wird, sondern er zeigt, daß er schon da war, als Thomas mit den andern Jüngern gesprochen hatte, und gebraucht deswegen dessen Worte. Zuerst weist er ihn zurecht beziehungsweise macht ihm einen Vorwurf, dann belehrt er ihn. Schau nur, welch Zweifel und Unglauben, bevor der Heilige Geist gegeben ward! Danach waren sie für die Zukunft gefestigt. Es ist eine Frage wert, wieso der unsterbliche Leib die Male der Nägel trug. Laß dich nicht verwirren: Das ist ein Zeichen der barmherzigen DemutLat.: condescensio des Herrn; die Jünger sollten erkennen, daß er selbst es sei, der gekreuzigt worden war. (Chrysostomus)

Der Herr bot seinen Leib der Berührung, seinen Leib, mit dem er bei verschlossenen Türen gekommen war. Indem er seinen Leib nach der Auferstehung als unvergänglich und zugleich berührbar zeigt, tut er zwei wunderbare Eigenschaften kund, die dem menschlichen Verstand nahezu entgegengesetzt erscheinen. Denn notwendigerweise ist etwas, das berührt werden kann, der Veränderung und dem Vergehen unterworfen, und umgekehrt geht etwas, das nicht berührt werden kann, nicht zugrunde. Er erweist sich also sowohl als der Vergänglichkeit entzogen wie auch als berührbar, um zu beweisen, daß sein Leib nach der Auferstehung von derselben Natur, aber von einer anderen Herrlichkeit warLat.: eiusdem naturae, alterius gloriae (Gregor der Große, Ev.-Hom. 26)

Auch unser Leib wird einst in der Herrlichkeit der Auferstehung fein und durchgeistigtLat.: subtile sein - die Macht des Geistes wird dies wirken -, und zugleich berührbar aufgrund seiner wahrhaft menschlichen Natur. Er wird nicht, wie Eutychius schrieb, unberührbar und dünner als Luft und Wind sein. (Gregor der Große, Moralia XIII, 31)

28 Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott!

Thomas sah und berührte einen Menschen, doch er bekannte Gott, den er weder sah noch berührte. Durch das, was er sah und berührte, glaubte er jenes, ohne noch einen Zweifel zu hegen. (Augustinus)

Er, der vorher ungläubig gewesen war, erweist sich nach der Berührung der Seite als ausgezeichneter Theologe: denn er tat die zwei Naturen und die eine Person Christi durch seinen Ausspruch kund: Indem er ihn "mein Herr" nannte, bekannte er die menschliche Natur, mit den Worten "mein Gott" die göttliche, und er bekannte ein und denselben als Herrn und Gott. (Theophylactus)

29 Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Nun sagt aber doch der Apostel im Hebräerbrief, der Glaube beziehe sich auf Dinge, die man nicht sieht (Hebr 11,1). Warum also wird dem Thomas, während er sehen und berühren darf, gesagt: Weil du mich gesehen hast, glaubst du? Weil das, was er sah, und das, was er glaubte, zwei Dinge sind. Er sah einen Menschen und bekannte Gott. Und was nun folgt, erfreut das Herz nicht wenig: Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Mit diesem Satz sind ganz besonders wir gemeint, die wir ihn nicht mit den leiblichen Augen sehen, aber im Geist festhalten. (Gregor der Große)

30 Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan.
31 Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, daß Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.

Weil Johannes weniger gesagt hatte als die anderen Evangelisten, fügt er hinzu: Noch viele andere Zeichen ... Aber auch die anderen haben nicht alles erzählt, sondern das, was notwendig war, um die Hörer zum Glauben zu führen. [...] Damit du wissest, daß diese Zeichen nicht nur wegen der Jünger - vor deren Augen sie geschahen - gewirkt wurden, schreibt der Evangelist: Diese sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, daß Jesus der Christus, der Sohn Gottes ist. Er spricht hier das ganze Menschengeschlecht an. Und um zu zeigen, daß nicht derjenige den Nutzen des Glaubens hat, dem man glaubt, sondern wir selbst, fügt er hinzu: Damit ihr glaubend das Leben habt in seinem Namen; denn er, Jesus, ist das Leben. (Chrysostomus)

 
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