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LESEJAHR A

Die Zeit im Jahreskreis

33. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mt 25,14-30
 
Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen; nimm teil an der Freude deines Herrn!
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
 
In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis:
14 Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der auf Reisen ging: Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an.

Dieser Mann, der auf Reisen ging, ist unser Erlöser, Jesus Christus. Mit dem Fleisch, das er angenommen hatte, ging er in den Himmel. Der eigentliche Ort für das Fleisch ist nämlich die Erde, wenn es aber durch unseren Erlöser in den Himmel aufgenommen wird, dann geht es auf Reisen in die Ferne. (Gregor der Große)

Nicht gemäß seiner göttlichen Natur geht er auf Reisen, sondern gemäß der Ausstattung mit dem Leib, den er angenommen hat. "Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt." (Mt 28,20) - das sprach er zu seinen Jüngern als der eingeborene Sohn Gottes, der nicht wie ein [materieller] Körper auf einen bestimmten Ort beschränkt ist. Und wenn wir so sprechen, dann lösen wir dadurch die Einheit der Person Jesu nicht auf,Lat.: non solvimus Iesum sondern bewahren die Besonderheit einer jeden der [beiden] Substanzen. [...] (Origenes)

15 Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Sofort

Unter den fünf, den zwei und dem einen Talent verstehen wir die verschiedenen Gnaden, die jedem gegeben worden sind. (Chrysostomus, In Matth.)

Oder anders: Durch die fünf Talente wird die Gabe der fünf Sinne, das heißt das Wissen um die Außenwelt, ausgedrückt. Durch die zwei Talente werden die Einsicht und das Tun bezeichnet, mit dem einen Talent aber wird die Einsicht allein bezeichnet. (Gregor der Große)

16 begann der Diener, der fünf Talente erhalten hatte, mit ihnen zu wirtschaften, und er gewann noch fünf dazu.

Durch die irdischen Sinne, die er erhalten hatte, verdoppelte er seine Kenntnis der himmlischen Dinge, indem er aus den Geschöpfen den Schöpfer, aus den körperlichen Dingen die unkörperlichen, aus den kurzen zeitlichen die ewigen Dinge erkannte. (Hieronymus)

Es gibt auch Menschen, die zwar nicht zu den innersten Geheimnissen [der christlichen Lehre] vordringen, die sich aber doch um die himmlische Heimat bemühen und dementsprechend das, was sie aus den äußerlichen Dingen aufgenommen haben, soweit sie es eben vermögen, richtig weitergeben. Und indem sie sich selber von fleischlichen Begierden, vom Streben nach irdischem Besitz und von den Verlockungen der sichtbaren Dinge fernhalten, geben sie ein gutes Beispiel und halten auch andere von diesen [Versuchungen] ab. (Gregor der Große, In Evang.)

Oder: Diejenigen, die ihre [fünf] Sinne geschärft haben, die einen heilsamen Umgang mit anderen gepflegt haben, die sich nach immer größerer Erkenntnis ausstrecken und diese auch eifrig an andere weitergeben, die haben noch andere fünf [Talente] hinzugewonnen. Denn keiner kann so leicht die Tugenden eines anderen vermehren, wenn er sie selbst nicht besitzt. Und nur so viel, als einer selber weiß, kann er andere lehren, aber nicht mehr. (Origenes, In Matth.)

17 Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei dazu.

Jener Knecht, dem die zwei Talente anvertraut wurden, ist eventuell das Volk der Heiden, das durch den Glauben und das Bekenntnis des Sohnes und des Vaters gerechtfertigt wird und das unseren Herrn Jesus Christus als Gott und Mensch aus dem Geist und dem Fleisch bekennt. Das sind die zwei Talente, die ihm anvertraut wurden. Wie aber das jüdische Volk jedes Geheimnis, das es in den fünf Talenten, das heißt im Gesetz, erkannt hatte, durch den Glauben an das Evangelium verdoppelte, so gewann jenes Volk durch seine Erkenntnis und das entsprechende Tun weitere zwei Talente hinzu. (Hilarius)

18 Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn.

Es bedeutet sein Talent in der Erde zu verstecken, wenn man den Geist, den man empfangen hat, auf weltliche Geschäfte verwendet. (Gregor der Große, In evang.)

Oder aber: Wenn du einen siehst, der die Begabung zum Lehren und zur Seelenführung hat und der dieses Vermögen versteckt (auch wenn er vielleicht einen frommen Lebenswandel pflegt), dann sollst du ihm sagen, daß er jenem gleichkommt, der das eine Talent erhalten hatte und es in der Erde versteckte. (Origenes, In Matth.)

19 Nach langer Zeit kehrte der Herr zurück, um von den Dienern Rechenschaft zu verlangen.

Beachte an dieser Stelle, daß die Knechte nicht zum Herrn kommen, um gerichtet zu werden, sondern, daß der Herr zu ihnen kommt, sobald die Zeit erfüllt ist. Dabei heißt es: "nach langer Zeit", das bedeutet nämlich: nachdem er diejenigen, die geeignet waren, anderen das Seelenheil zu vermitteln, [wieder] entlassen hat. Das mag wohl der Grund sein, warum kaum einer der dafür geeigneten, rasch aus dem Leben scheidet. Deutlich wird das zum Beispiel daran, daß die Apostel alt wurden. Darum wird Petrus gesagt: Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken (Joh 21,18), und im Philemonbrief heißt es: "Ich, Paulus, ein alter Mann" (Phlm 19). (Origenes)

[Oder] deshalb sagt er: "nach langer Zeit", weil es eine große Zeitspanne von der Himmelfahrt des Erlösers bis zu seiner zweiten Ankunft ist. (Hieronymus)

20 Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen.
21 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!

"Sehr gut"Lat.: Euge ist ein Ausruf der Freude. Der Herr zeigt uns dadurch seine Freude, die er hat, wenn er den Knecht, der tüchtig gewesen ist, zur ewigen Freude lädt. Der Prophet sagt davon: "durch dein Antlitz erfüllst du uns mit Freude" (Ps 21,7). (Hrabanus)

22 Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte, und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben; sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen.
23 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!

Er sagt: "Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen", denn alles, was wir im gegenwärtigen Leben haben, mag es noch so groß und viel scheinen, ist im Vergleich mit dem zukünftigen nur gering und wenig. (Hieronymus)

Der treue Knecht wird als Herr über vieles eingesetzt. Das geschieht dann, wenn er die ganze Last des Vergänglichen abgeworfen hat und sich in der himmlischen Wohnung auf ewig erfreut. Dann nimmt er auch vollkommen an der Freude seines Herren teil, weil er in die himmlische Heimat aufgenommen ist und sich zu den Scharen der Engel gesellen darf. Und die innere Freude über dieses Geschenk ist so groß, daß kein Raum mehr ist, sich über den Zerfall des äußeren Menschen zu grämen. (Gregor der Große)

Welches größere Geschenk hätte man dem treuen Knecht machen können, als bei seinem Herrn zu sein und die Freude seines Herrn zu sehen? (Hieronymus)

Unsere Freude ist dann vollkommen und nicht mehr zu überbieten, wenn wir uns an der Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott, nach dessen Bild wir geschaffen sind, erfreuen. (Augustinus, De Trin.)

Der Hausvater ist beiden Knechten gewogen, sowohl dem, der aus fünf Talenten zehn gemacht hat, als auch dem, der aus zwei vier machte. Und er nimmt sie beide mit der gleichen Freude auf, denn er sieht nicht auf die Größe des Gewinns, den ein jeder gemacht hat, sondern auf den guten Willen. (Hieronymus)

Sowohl zu dem, dem der die fünf Talente, als auch zu dem, der die zwei Talente bekommen hatte, sagt er: "Komm!" Damit meint er den Übergang von dieser Welt in jene. Beachte auch, daß er beiden dasselbe sagt. Derjenige, der ein geringes VermögenLat.: virtus - es geht also nicht um materiellen Besitz, sondern um geschenkte Begabungen. hatte und es - wie er es sollte - ganz einsetzte, sollte nämlich bei Gott nicht weniger haben als der, der ein größeres Vermögen besaß. Es wird nämlich nur dieses eine verlangt, daß der Mensch alles, was er von Gott bekommen hat, auch zur Ehre Gottes gebraucht. (Origenes, In Matth.)

24 Zuletzt kam auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wußte, daß du ein strenger Mann bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast;
25 weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Hier hast du es wieder.

Dieser Knecht scheint mir zu jener Sorte von Gläubigen zu gehören, die ihren Glauben nicht praktizieren, sondern sich lieber verstecken und alles tun, damit sie nicht als Christen erkannt werden. Dabei scheint mir, daß solche Leute sich offenbar vor Gott fürchten und ihn für streng und unversöhnlich halten (das bedeutet es doch, wenn der Knecht sagt: "Ich weiß, daß du ein strenger Mann bist").
Wir verstehen aber auch, daß unser Herr wirklich da ernet, wo er nicht gesät hat, denn der Gerechte sät im Geist und erntet von diesem das ewige Leben. Der Herr aber erntet auch da wo er nicht gesät hat, und sammelt, was er nicht ausgestreut hat, denn alles wir [an Gutem] bei den Armen aussäen, das sammelt der Herr ein und sieht es so an, als sei es für ihn getan (vgl. Mt 25,40). (Origenes)

Weil dieser Knecht zu sagen wagte: "Du erntest, wo du nicht gesät hast", wissen wir, daß der Herr auch das gute Leben der Heiden und der Philosophen achtet. (Hieronymus)

In der Kirche gibt es leider viele, die diesem Knecht gleichen, weil sie sich fürchten, ein besseres Leben zu beginnen, und sich aber nicht fürchten, bei ihrem jetzigen Laissez-faire zu bleiben,Lat.: iacere in sui corporis ignavia sie fühlen sich als Sünder und wagen deshalb nicht, sich auf den Weg der Heiligkeit zu begeben, aber sie haben keine Angst davor, in ihren Sünden zu bleiben. (Gregor der Große)

26 Sein Herr antwortete ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast doch gewußt, daß ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe.
27 Hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank gebracht, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten.

[...] Das (Silber-)Geld ist die Verkündigung des Evangeliums und das Wort Gottes. Es muß den Bankiers gegeben werden, das heißt entweder den übrigen Verkündern,Lat.:doctores was die Apostel taten, indem sie in jeder Provinz Priester und Bischöfe bestellten, oder aber allen Gläubigen. Diese können den Geldbetrag verdoppeln oder mit Zinsen zurückgeben, indem sie alles, was sie durch die Verkündigung gelernt haben, in Taten umsetzen. (Hieronymus)

Hier wird auf die Gefahr gesehen, in der die Verkündiger stehen, wenn sie das Vermögen des Herrn für sich behalten, aber ebenso auf die Gefahr, in der die GläubigenWörtlich: auditores - die Hörer stehen, denn, was sie gehört haben, wird mit Zinsen von ihnen zurückverlangt, sie sollen sich nämlich bemühen, durch das, was sie gehört haben, auch das zu begreifen, was sie nicht gehört haben. (Gregor der Große)

Der Herr gibt nicht zu, daß er hatherzigLat.: durus - streng ist, wie der Knecht annahm; die anderen Aussagen des Knechtes dagegen bestätigt er.- indem er sie wiederholt. Hartherzig ist vielmehr der, der die Barmherzigkeit des Herrn mißbraucht, um nachlässig zu sein, anstatt sich zu bekehren. (Origenes)

28 Darum nehmt ihm das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat!

Wäre es nicht angemessener, man würde es dem geben, der die zwei Talente erhalten hat, als dem der die fünf erhielt - man sollte es doch dem geben, der weniger hat. Doch mit den fünf Talenten wird ja das Wissen um die Außenwelt bezeichnet, mit den zwei dagegen die Einsicht und das Tun.Siehe oben zu V. 15. Also hatte der mit den zwei Talenten mehr als der, der die fünf Talente bekommen hatte: denn durch die fünf Talente hatte er sich zwar die Herrschaft über die äußeren Dinge verdient, hatte aber noch keine Einsicht in die ewigen Dinge. Von dem einen Talent aber haben wir gesagt, daß es die Einsicht [allein] bezeichnet, und sie muß jenem gegeben werden, der die äußeren Dinge, die er empfangen hat, gut verwaltet. In der heiligen Kirche sehen wir das jeden Tag, daß nämlich einer zu innerer Einsicht gelangen kann, wenn er die äußeren Dinge zuverlässig ordnet. (Gregor der Große, Hom. in Ev.)

29 Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluß haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.

[...] Wer nämlich die Liebe hat, der bekommt auch die übrigen Gaben; wer aber die Liebe nicht hat, der verliert auch die Gaben, die er schon zu besitzen schien. (Gregor der Große, Hom. in Ev.)

Es ist wie bei einem, der die Gabe zu predigen und zu lehren hat, um dadurch anderen zu nutzen: Gebraucht er diese Gabe nicht, dann verliert er sie, wenn er sie dagegen pflegt, dann wird das Geschenk umso größer. (Chrysostomus, In Matth.)

30 Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen.

"Die äußerste Finsternis", dort wo keinerlei Erleuchtung ist, vielleicht nicht einmal physisches Licht; und wo es auch keine Gottesfurcht gibt. Wer so gesündigt hat [wie der letzte Diener], der ist es nicht wert, Gott zu schauen und der wird zu dem verurteilt, was hier "äußerste Finsternis" genannt wird. Ich habe auch gelesen, daß einer vor mir diese Stelle so ausgelegt hat: sie bezieht sich auf die Finsternis jenes Abgrundes, der außerhalb der Welt liegt, das soll heißen, sie verdienen es nicht, auf der Welt zu sein, und werden hinausgeworfen in jenen Abgrund, in dem eine Finsternis herrscht, die niemand erleuchtet. (Origenes, In Matth.)

Freiwillig glitt er durch seine Schuld in innere Finsternis, als entsprechende Strafe aber wird er der äußeren Finsternis anheimgegeben. (Gregor der Große)

Beachte aber, daß nicht nur der, der fremdes Eigentum raubt oder Böses tut, mit der schlimmsten Strafe belegt wird, sondern auch der, der Gutes nicht tut. (Chrysostomus, In Matth.)

Wer also Einsicht hat, der soll zusehen, daß er sie nicht verschweigt, wer zu Wohlstand gekommen ist, der soll nicht müde werden, Barmherzigkeit zu üben. Wenn einer sich auf die Kunst zu leiten versteht, dann soll er sie so gebrauchen, daß auch sein Nächster davon etwas hat. Wenn einer die Möglichkeit hat, Fürsprache einzulegen, dann soll er bei einem Reichen für die Armen eintreten. Denn auch das Geringste, das einer [als Gabe] bekommen hat, wird hier mit dem Wort "Talent" bezeichnet. (Gregor der Große, Hom. in Ev.)

Wenn dir aber mißfällt, was hier gesagt wird, nämlich daß einer verurteilt wird, weil er [die anderen] nicht lehren wollte, dann erinnere dich an das Wort des Apostels: "Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde." (1 Kor 9,16) (Origenes)

 
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