Vorige Seite Vorige Seite   Index   Nächste Seite Nächste Seite
 

LESEJAHR A

Die Zeit im Jahreskreis

25. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mt 20,1-16
 
Bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
 
In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis:
1 Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen sein Haus verließ, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben.

Der Gutsbesitzer ist Christus, dem Himmel und Erde wie ein Haus gehören. Zu den Gutsbewohnern gehören die Geschöpfe im Himmel, auf der Erde und unter der Erde. Der Weinberg aber ist seine Gerechtigkeit; verschiedene Formen von Gerechtigkeit sind in ihm wie Weinstöcke gepflanzt, zum Beispiel Sanftmut, Keuschheit, Geduld und die übrigen Tugenden. Sie alle werden allgemein mit Gerechtigkeit bezeichnet. Die Menschen aber werden als Weinbauern eingesetzt. Deshalb wird gesagt: Er verließ früh am Morgen sein Haus, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. Gott hat nämlich seine Gerechtigkeit in unser Bewußtsein gegeben, nicht zu seinem eigenen Nutzen, sondern zu unserem. Seid euch also bewußt, daß wir als seine Tagelöhner angeworben wurden. Und so wie niemand einen Tagelöhner dazu anwirbt, daß er nur das arbeitet, was er [selbst] ißt; so sind auch wir von Christus nicht gerufen, daß wir nur das tun, was zu unserem eigenen Nutzen ist, sondern was zur Ehre Gottes beiträgt. Und wie der Tagelöhner zuerst auf seine Arbeit schaut und erst danach auf sein täglich Brot, so müssen auch wir zuerst auf das schauen, was zur Ehre Gottes beiträgt, und erst danach auf unseren eigenen Nutzen. Und wie er den ganzen Tag aufwendet, um für seinen Herrn zu arbeiten, aber nur eine Stunde für seine Mahlzeit, so sollen auch wir unsere ganze Lebenszeit zur Ehre Gottes aufwenden, aber nur einen bescheidenen Teil zu unserem irdischen Nutzen. Wenn der Tagelöhner einmal an einem Tag seine Arbeit nicht getan hat, dann schämt er sich, in das Haus einzutreten und um Brot zu bitten; wie kannst Du also nicht bestürzt sein, wenn du in die Kirche eintrittst, vor dem Antlitz Gottes stehst und in den Augen Gottes nichts Gutes zuwege gebracht hast? (Chrysostomus)

Oder der Gutsbesitzer, d.h. unser Schöpfer, hat einen Weinberg, nämlich die gesamte Kirche, in den er von Abel dem Gerechten bis zum letzten Erwählten, der am Ende der Welt geboren werden wird, gleichsam so viele Weinreben gestellt hat, wie er Heilige hervorgebracht hat. Um aber sein Volk zu erziehen und so gleichsam seinen Weinberg zu bestellen, hat er zu keiner Zeit davon abgelassen, Arbeiter zu senden. Zuerst pflegte er seinen Weinberg durch die Väter, danach durch die Gesetzeslehrer, dann durch die Propheten, zuletzt aber durch die Apostel. Und wenn jeder auch in je verschiedenem Maß und Umfang [gearbeitet hat], so ist doch jeder, der in rechtem Glauben Gutes getan hat, ein Arbeiter in diesem Weinberg. (Gregor der Große, Hom. in Ev.19,1)

Die ganze gegenwärtige Weltzeit können wir als diesen einen Tag ansehen, denn uns erscheint sie als groß, verglichen aber mit dem Leben Gottes ist sie winzig. (Origenes)

2 Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg.
3 Um die dritte Stunde ging er wieder auf den Markt und sah andere dastehen, die keine Arbeit hatten.
4 Er sagte zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist.
5 Und sie gingen. Um die sechste und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder auf den Markt und machte es ebenso.
6 Als er um die elfte Stunde noch einmal hinging, traf er wieder einige, die dort herumstanden. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum?
7 Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg!

Der Denar ist hier die Bezeichnung für das Heil [des Menschen]. (Origenes)

Denar aber heißt die Münze, die in alter Zeit 10 As wert warZur Zeit Jesu, genauer seit 217 vor Christus, hatte ein Denar bereits 16 As. und das Bild des Herrschers trug. Treffend bezeichnet also hier der Denar den Lohn für den Gehorsam gegenüber den Zehn Geboten. Und schön sagt er auch, daß er sich [mit den Arbeitern] auf einen Denar pro Tag einigte, denn auf dem Acker der Kirche Gottes arbeitet jeder in der Hoffnung, daß es ihm später vergolten wird. (Remigius)

Der Markt aber ist alles, was sich außerhalb des Weinberges befindet, d.h. außerhalb der Kirche Christi. (Origenes)

Untätig wird der genannt, der [nur] für sich selber lebt, dem es [nur] um die Erfüllung seiner irdischen Lust geht. (Gregor der Große)

Oder, die Untätigen sind die Sünder. Sie gelten nämlich als Tote. Untätig aber ist, wer das Werk Gottes nicht tut. Du willst nicht untätig sein? Dann nimm nicht fremdes Eigentum weg, sondern gib [den anderen] von dem Deinen. Und Arbeiter im Weinberg des Herrn bist du, indem du den Weinstock der Barmherzigkeit pflegst. Es folgt: Und er sagte zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg. Beachte, daß er nur mit den ersten eigens übereinkommt, ihnen einen Denar zu geben. Die anderen aber holt er ohne eine bestimmte Vereinbarung und sagt ihnen: Ich werde euch geben, was recht ist. Denn weil der Herr wußte, daß Adam das Gesetz übertreten würde und daß danach alle in der Sintflut untergehen würden, traf er mit ihm eine klare Vereinbarung, nicht daß er später einmal sage, er habe die Gerechtigkeit nur deshalb so vernachlässigt, weil er nicht wußte, welchen Lohn er dafür bekommen sollte. Mit den anderen aber schloß er keine Vereinbarung, weil er schon vorhatte, ihnen mehr Lohn zu zahlen, als sie erwarteten. (Chrysostomus)

Oder, er hat die Arbeiter der dritten Stunde nicht zum ganzen Tagwerk gedungen, denn nach seinem Ermessen sparte er das, was sie tun konnten, [für eine spätere Zeit] auf. In dem Weinberg konnte nämlich jeder ein vergleichbares Werk tun wie diejenigen, die seit dem Morgen darin gearbeitet hatten, indem er nämlich in der kurzen Zeit, [in der er arbeitete,] mit einer größeren Kraft ans Werk ging als die, die vor ihm gearbeitet hatten. (Origenes)

Die elfte Stunde ist die von der Ankunft des Herrn bis zum Ende der Welt. Der Arbeiter am Morgen, zur dritten, sechsten und neunten Stunde bezeichnet also jenes alte Volk der Hebräer, das in seinen Erwählten von Anbeginn der Welt nicht davon abließ, im Weinbau zu arbeiten, denn es mühte sich im rechten Glauben Gott zu verehren. Zur elften Stunde aber werden die Heiden gerufen. Deshalb folgt: Als er um die elfte Stunde noch einmal hinging, traf er wieder einige, die dort herumstanden. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum? In so viel vergangener Weltzeit hatten sie es vernachlässigt, für ihr Leben zu arbeiten, und so standen sie gewissermaßen den ganzen Tag untätig herum. Aber bedenkt, was die Befragten antworteten: Sie sagten: Niemand hat uns angeworben. Kein Patriarch, kein Prophet war ja zu ihnen gekommen. Und zu sagen: "Niemand hat uns angeworben", was heißt das anderes als "Niemand hat uns den Weg des Lebens verkündet"? (Gregor der Große)

8 Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter, und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen bei den letzten, bis hin zu den ersten.
9 Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar.
10 Als dann die ersten an der Reihe waren, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten nur einen Denar.

Bedenke, daß er den Lohn am Abend und nicht am nächsten Morgen auszahlte. Noch in dieser Weltzeit wird also das Gericht stattfinden und jedem sein Lohn gegeben werden. Das geschieht aus zwei Gründen: Zum einen, weil die Seligkeit der kommenden Welt ja selbst der Lohn für die Gerechtigkeit ist, und darum wird nicht in jener Zeit gerichtet, sondern bereits davor. Zum anderen geht das Gericht jenem TagGemeint ist die Ewigkeit (als der achte 'Tag' der Weltwoche). voraus, denn die Sünder sollen dessen Seligkeit nicht schauen. (Chrysostomus)

Die Arbeiter der ersten Stunde "die durch den Glauben (von Gott) besonders anerkannt waren, erlangten das von Gott Verheißene nicht", denn der Weinbergbesitzer "hatte erst für uns etwas Besseres vorgesehen, damit sie nicht ohne uns vollendet werden" (Heb 11,40). Weil wir Erbarmen gefunden haben, darum hoffen wir, die wir zu Christus gehören, auch, als erste den Lohn zu erhalten. Nach uns aber erhalten ihn die, die vor uns gearbeitet haben. (Origenes)

Die, die seit der elften Stunde gearbeitet hatten erhielten einen Denar (und voll Sehnsucht hatten sie darauf gewartet) wie die, die seit der ersten gearbeitet hatten. Denn die, die am Ende der Welt zu Gott kommen, erhalten denselben Lohn wie die, die von Anbeginn der Welt gerufen waren: das ewige Leben. (Gregor der Große)

Man soll aber Dinge, die in Gleichnissen stehen, nicht auf alles, was gesagt wird, hin untersuchen, sondern sie nach der Absicht, aus der heraus sie erzählt sind, verstehen und nicht darüber hinaus nachforschen. Man kann aus dem hier Gesagten also nicht schließen, daß es einige gegeben haben muß, die der Neid auffraß. Vielmehr soll nur gezeigt werden, daß diejenigen, die zu solcher Ehre gelangten, bei den anderen leicht Neid hervorrufen konnten. (Pseudo-Chrysostomus)

Alle erhielten einen Denar als Lohn, denn das ewige Leben wird allen Heiligen in gleicher Weise zuteil. Ihre Verdienste aber strahlen unterschiedlich hell im ewigen Leben, und darum [heißt es], "bei meinem Vater gibt es viele Wohnungen" (Joh 14,2). Freilich, mit dem einen Denar als ungleicher Bezahlung lebt der eine nicht glücklicher als der andere, in den vielen Wohnungen aber wird der eine mehr geehrt als der andere. (Augustinus)

11 Da begannen sie, über den Gutsherrn zu murren,
12 und sagten: Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt; wir aber haben den ganzen Tag über die Last der Arbeit und die Hitze ertragen.
13 Da erwiderte er einem von ihnen: Mein Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart?
14 Nimm dein Geld und geh! Ich will dem letzten ebensoviel geben wie dir.
15 Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich (zu anderen) gütig bin?

Und weil es eben in der Güte seines Willens liegt, ob einer an seinem Reich teilhat, fügt er zu Recht hinzu: Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Denn es ist die dumme Frage eines Menschen, der gegen die Güte Gottes murrt. Man müßte sich ja nicht dann beklagen, wenn er etwas gibt, was er nicht schuldet; sondern dann, wenn er nicht geben würde, was er schuldig war. Daher wird offen hinzugefügt: Oder bist du neidisch, weil ich gütig bin? (Gregor der Große)

Daß er aber nicht alle zugleich angeworben hat, sondern die einen frühmorgens, die nächsten zur dritten Stunde und so weiter, kam auch von der Verschiedenheit ihrer Geisteshaltung her. Er rief sie nämlich [genau] dann, wenn sie bereit waren zu gehorchen. Auch den SchächerVgl. Lk 23,39-43 berief er, als er gehorsam geworden war. [...] (Chrysostomus)

16 So werden die Letzten die Ersten sein und die Ersten die Letzten.

Wenn er aber sagt: Die Ersten werden die Letzten sein, und die Letzten werden die Ersten sein, dann meint er insgeheim die, die am Anfang geglänzt und nachher die Tugend verachtet haben, und umgekehrt [meint er] die, die von ihrer Schlechtigkeit auf den rechten Weg zurückgeführt worden sind und dann über viele hinauswuchsen. Dieses Gleichnis ist also erzählt, um den Eifer derer anzuspornen, die sich noch in sehr hohem Alter bekehren; sie sollen nicht denken, daß sie irgendetwas weniger haben werden. (Chrysostomus)

 
Vorige Seite Vorige Seite Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang Nächste Seite Nächste Seite