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LESEJAHR A

Die Weihnachtszeit

25. Dezember

HOCHFEST DER GEBURT DES HERRN
WEIHNACHTEN - CHRISTTAG

 

Am Heiligen Abend
Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mt 1,1-25
 
Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
 
1 Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams:
Durch diesen Eingang, das Stammbuch, zeigt der Evangelist zur Genüge, daß er das Geschlecht Christi dem Fleische nach darstellen wollte. (Hrabanus)
2 Abraham war der Vater von Isaak, Isaak von Jakob, Jakob von Juda und seinen Brüdern.
3 Juda war der Vater von Perez und Serach; ihre Mutter war Tamar. Perez war der Vater von Hezron, Hezron von Aram,
4 Aram von Amminadab, Amminadab von Nachschon, Nachschon von Salmon.
5 Salmon war der Vater von Boas; dessen Mutter war Rahab. Boas war der Vater von Obed; dessen Mutter war Rut. Obed war der Vater von Isai,
6 Isai der Vater des Königs David. David war der Vater von Salomo, dessen Mutter die Frau des Urija war.
7 Salomo war der Vater von Rehabeam, Rehabeam von Abija, Abija von Asa,
8 Asa von Joschafat, Joschafat von Joram, Joram von Usija.
9 Usija war der Vater von Jotam, Jotam von Ahas, Ahas von Hiskija,
10 Hiskija von Manasse, Manasse von Amos, Amos von Joschija.
11 Joschija war der Vater von Jojachin und seinen Brüdern; das war zur Zeit der Babylonischen Gefangenschaft.
12 Nach der Babylonischen Gefangenschaft war Jojachin der Vater von Schealtiël, Schealtiël von Serubbabel,
13 Serubbabel von Abihud, Abihud von Eljakim, Eljakim von Azor.
14 Azor war der Vater von Zadok, Zadok von Achim, Achim von Eliud,
15 Eliud von Eleasar, Eleasar von Mattan, Mattan von Jakob.
16 Jakob war der Vater von Josef, dem Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus (der Messias) genannt wird.

Nachdem der Evangelist alle Stammväter aufgeführt und bei Joseph zu Ende gekommen ist, fügt er hinzu: dem Mann Mariens, weil er zeigen wollte, daß er wegen Maria auch Joseph in der Geschlechterfolge nenne. (Chrysostomus)

Wenn du von einem Mann hörst, dann argwöhne keine vollzogene Ehe, sondern denke an den Sprachgebrauch der Schrift, in der die Braut Frau und der Bräutigam Mann genannt wird. (Hieronymus)

Der Sohn Gottes wurde "aus" einem Menschen geboren, nämlich aus Maria, nicht "durch" einen Menschen, das wäre: durch die Beiwohnung eines Mannes, wie Ebion sagt. Darum setzt der Evangelist bezeichnend hinzu: Aus dieser wurde Jesus geboren, der Christus genannt wird.Vg: de qua natus est Iesus qui vocatur Christus (Gennadius)

17 Im ganzen sind es also von Abraham bis David vierzehn Generationen, von David bis zur Babylonischen Gefangenschaft vierzehn Generationen und von der Babylonischen Gefangenschaft bis zu Christus vierzehn Generationen.
18 Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, daß sie ein Kind erwartete - durch das Wirken des Heiligen Geistes.
19 Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloß, sich in aller Stille von ihr zu trennen.

Da Joseph sah, daß Maria empfangen hatte, geriet er in Bestürzung, weil er Maria, die er vom Tempel des Herrn her angenommen hatte, noch nicht erkannt hatte und sie doch in anderen Umständen sah. Er war verwirrt, dachte nach und sagte zu sich: Was soll ich tun? Soll ich sie ausliefern oder aber schweigen? (Augustinus)

Joseph sah jene in anderen Umständen, um deren Jungfrauschaft er wußte. Weil er gelesen hatte "aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor" (Jes 11,1) und er wußte, daß Maria aus Isai stammte, und weil er zudem gelesen hatte "Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen" (Jes 7,14), darum zweifelte er nicht, daß diese Weissagung an ihr in Erfülllung gegangen war. (Gregor der Große)

Wenn er aber keinen Verdacht gegen sie hatte, wie war er dann gerecht, wenn er die Makellose entlassen wolllte? Er wollte sie entlassen, weil er in ihr ein großes Geheimnis erkannte, an dem teilzuhaben er sich für unwürdig hielt. (Origenes)

20 Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.

Weil Joseph, wie gesagt wurde, sich mit dem Gedanken trug, Maria im stillen zu entlassen und weil, hätte er das getan, sehr viele sie nur um so eher für eine Ehebrecherin als für eine Jungfrau gehalten hätten, darum wurde der Plan Josephs augenblicklich durch die göttliche Anordnung geändert. (Gregor der Große)

Der ihm erscheinende Engel nennt seinen Namen und sein Geschlecht und nimmt ihm die Furcht, wenn er sagt: Joseph, Sohn Davids. Denn weil er Joseph bei seinem Namen nennt, zeigt er sich gleichsam als sein Bekannter und Freund. (Glossa)

Da er ihn "Sohn Davids" nannte, wollte der Engel ihn an die Verheißung erinnern, die Gott dem David gemacht hat: daß Christus aus seinem Samen geboren werde.
Aus drei Gründen erschien der Engel dem Joseph und sagte dies zu ihm. Zunächst, damit der gerechte Mann nicht aus Unwissenheit in guter Absicht ein Unrecht begehe. Sodann wegen der Ehre der Mutter selbst. Wäre sie nämlich entlassen worden, hätte sie bei den Ungläubigen einem schändlichen Verdacht nicht entgehen können. Drittens, damit Joseph im Wissen um ihre heilige Empfängnis sich um so sorgsamer als früher von ihr fernhalte. Der Engel kam jedoch nicht zu Joseph, ehe sie empfangen hatte, damit er nicht dächte und erfahre, was Zacharias gedacht und erfahren hatte, der an der Empfängnis seiner bejahrten Gattin zweifelte. Es war nämlich noch weniger glaubhaft, daß eine Jungfrau, denn daß ein altes Weib empfangen könne.
Der Engel entschuldigt Maria nicht allein von unreinem Umgang, sondern er offenbart auch, daß sie auf übernatürliche Weise empfangen hat. Er nimmt nicht nur die Befürchtung hinweg, sondern er fügt sogar Freude hinzu. (Chrysostomus)

21 Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.

Weil das, was der Engel zu Joseph gesagt hatte, über alle Menschengedanken und über das Gesetz der Natur hinausging, so bekräftigt der Engel das Gesagte nicht durch die Enthüllung des Vergangenen, sondern auch durch die Ansage des Zukünftigen. (Chrysostomus)

Damit es nicht den Anschein habe, als sei Joseph jetzt zur Ehe nicht mehr notwendig, da die Empfängnis ohne seine Hilfe geschehen war, so zeigt der Engel jetzt, daß er zur Sorge und zum Schutz nützlich sei. [...] Maria wird einen Sohn gebären; und er wird der Mutter und dem Sohn notwendig sein. Für die Mutter ist er notwendig, um sie vor dem schlechten Ruf zu bewahren. Für den Sohn ist er notwendig, damit er Ihn ernähre und beschneide. Die Beschneidung ist genannt in den Worten "ihm sollst du den Namen Jesus geben", denn bei der Beschneidung wurde gewöhnlich der Name gegeben. (Glossa)

"Jesus" heißt im Hebräischen "Erlöser". So erklärt der Engel die Bedeutung des Namens, wenn er sagt: "Denn Er wird Sein Volk von seinen Sünden erlösen." (Hieronymus)

22 Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat:
23 Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns.
24 Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.
25 Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus.
 
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In der Heiligen Nacht
Zur LeseordnungEVANGELIUM   Lk 2,1-14
 
Heute ist euch der Retter geboren
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
 
1 In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen.
2 Dies geschah zum erstenmal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien.
3 Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.
4 So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.
5 Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.

Durch die Fügung des Herrn erließ Augustus diesen Befehl, [...] denn dieses Edikt führte die Mutter in die Heimatstadt, die die Propheten vorhergesagt hatten, nämlich Betlehem in Judäa. [...] (Chrysostomus)

Der Evangelist ergänzt "die Stadt Davids", um die Erfüllung der von Gott an David ergangenen Verheißung anzuzeigen, daß nämlich aus seinen Nachkommen ein König kommt, dessen Herrschaft Bestand hat.Vgl. 2 Sam 7,12f. Deshalb folgt: er war aus dem Haus und dem Geschlecht Davids. Indem aber Joseph aus dem Geschlecht Davids war, macht der Evangelist zugleich deutlich, daß auch die Jungfrau aus dem Geschlecht Davids stammte, denn das göttliche Gesetz befahl, daß die Eheleute aus demselben Stamm kommen mußten. (Graecus)

Und wenn von dem weltlichen Eintragen in Steuerlisten die Rede ist, so ist das geistliche mitgemeint: eine Erklärung, die nicht vor einem irdischen König, sondern vor dem König des Himmels abgegeben wird und die im Bekenntnis des Glaubens besteht. [...] Damit man aber erkennt, daß dieser Zensus nicht eine Sache des Augustus, sondern Christi ist, wird befohlen, daß alle WeltGrch.: oikumene / Vg: totus mundus sich eintragen lasse. Wer aber konnte einen Zensus des ganzen Erdkreises verlangen, wenn nicht der, der die Herrschaft über die ganze Welt hat? Nicht dem Augustus, sondern dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt (Ps 24,1). (Ambrosius)

Bei näherer Betrachtung aber verbirgt sich eine tiefere Wirklichkeit dahinter, daß bei dem Zensus der ganzen Welt auch Christus eingetragen wurde: Zusammen mit allen aufgeschrieben, heiligte er auch alle, und, mit der Welt in die Steuerlisten eingetragen, bot er ihr seine Gemeinschaft an. (Origenes)

Unsere Stadt ist die ewige Heimat, in die wir mit täglich wachsender KraftVgl. Ps 84,8: sie schreiten dahin mit wachsender Kraft gehen. Und jeden Tag schließt sich die heilige Kirche ihrem Lehrer [Christus] an: sie verläßt die durch Galiläa bezeichneten weltlichen Geschäfte, und geht hinauf in die Stadt Judas, d. h. des Bekenntnisses und des Lobes; so zahlt sie dem ewigen König den Zensus ihrer Hingabe und nach dem Beispiel der Jungfrau Maria empfängt sie uns, [ihre Kinder,] als Jungfrau durch den Heiligen Geist. (Beda)

6 Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft,
7 und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.

Obgleich der Herr als Mensch erschien, war Er doch nicht in allem den Gesetzen der menschlichen Natur unterworfen. Denn daß Er geboren wurde von einer Frau, läßt die Demut des Menschgewordenen erkennen. Die Jungfräulichkeit der Geburt aber zeigt, wie sehr Er über die Menschen hinausragte. [...] Von dem Augenblick an, da er aus dem Schoß der Jungfrau in das sterbliche Leben eintrat, lichtete sich die Finsternis und das nächtliche Dunkel mußte dem hervorbrechenden Lichtstrahl weichen. Der Tod aus der Sünde hatte den Gipfel seiner Bosheit erreicht, nun fällt er zurück ins Nichts durch die Gegenwart des wahren Lichtes, das mit den Strahlen des Evangeliums den ganzen Erdkreis erleuchtet hat. (Gregor von Nyssa)

Helvidius versucht aus dieser Stelle zu beweisen, daß nur der, der auch Geschwister hat, der Erstgeborene genannt werden kann, während der einzige Sohn seiner Eltern "Eingeborener" genannt wird. Wir aber halten dagegen: der Eingeborene ist [stets auch] der Erstgeborene, aber nicht jeder Erstgeborene ist der Eingeborene. "Erstgeborener" nämlich nämlich nennt man nicht den, auf den andere folgen, sondern vor dem keiner [geboren] ist. Andernfalls [...] hätte man den Priestern die Erstgeburt solange nicht opfern dürfen, bis andere folgen [...]. (Hieronymus)

Er ist der Einziggeborene im Wesen der Gottheit, der Erstgeborene in der Annahme der Menschheit; erstgeboren in der Gnade, einziggeboren in Seiner Natur. (Beda)

O wundersame Beschränkung und Entäußerung, die jener auf Sich nahm, der den Erdkreis umspannt! Von Anbeginn ergreift Er die Armut und bringt sie an Sich selbst zu Ehren. Hätte er nur gewollt, so hätte Er erscheinen können den Himmel bewegend, die Erde erschütternd und Blitze schleudernd. Doch so kam Er nicht. Denn Er wollte nicht zugrunde richten, sondern retten. Er wollte dem menschlichen Stolz von Anfang an entgegentreten, und so wurde Er nicht nur ein Mensch, sondern ein armer Mensch, und Er wählte Sich eine arme Mutter, die nichts hatte, worauf sie das Kind bei seiner Geburt betten konnte. (Graecus)

Der zur Rechten des Vaters sitzt, findet in der Herberge keinen Platz, damit Er uns im Hause Seines Vater viele Wohnungen bereite. [...] Er wird nicht im Elternhaus geboren, sondern in der Fremde und unterwegs, denn im Geheimnis der Menschwerdung ist Er der Weg geworden, der uns zur Heimat führt, wo wir uns an der Wahrheit und am Leben erfreuen werden. (Beda)

Deinetwegen also wurde der schwach, der an sich stark und mächtig ist, deinetwegen arm, der an sich reich ist. Bleibe also nicht bei dem Sichtbaren stehen, sondern erkenne, daß du erlöst bist: Herr Jesus, mehr verdanke ich deiner Entäußerung und deinen Leiden, durch die ich erlöst bin, als deinem Reichtum an Macht, durch den ich geschaffen bin, denn umsonst wären wir geboren, hätte uns nicht der Erlöser gerettet.Vgl. das Exsultet der Osternacht. (Ambrosius)

8 In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.
9 Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr,
10 der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll:
11 Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.
12 Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.

Seht, wie der göttliche Hofstaat den Glauben vertieft: Ein Engel unterweist Maria, ein Engel unterweist Joseph, ein Engel unterweist auch die Hirten. (Ambrosius)

Nirgendwo im ganzen Alten Testament findet man, daß die Erscheinung eines Engels, wie sie die Väter häufig erfahren haben, von einem Licht begleitet wurde. Diese Besonderheit ist zurecht für jene Zeit vorbehalten worden, da den Redlichen im Finstern ein Licht erstrahlt (Ps 112,4). Deswegen folgt, der Glanz des Herrn umstrahlte sie. (Beda)

Beim Anblick des Wunders aber erschraken die Hirten und fürchteten sich sehr. Der Engel aber vertreibt die Furcht, sowie sie die Hirten befällt, darum sagte er zu ihnen, "Fürchtet euch nicht". Und er verscheucht nicht nur den Schrecken, sondern er gibt ihnen sogar Stärke und Mut, indem er fortfährt: "Ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll ..."
Mit dem Satz "Heute ist euch der Retter geboren, welcher ist Christus, d.h. der Messias, der Gesalbte der Herr" wird der Grund der Freude angegeben und durch die verwendeten Namen die neue, wunderbare Weise der Geburt bekundet: Der erste Name (Retter) bezeichnet sein Tun, der dritte (Herr) seine Majestät. (Graecus)

Der zweite Name aber, der in der Mitte steht, nämlich Christus (der Gesalbte) bezeichnet nicht eine Natur, sondern das Sein als Gott-Mensch. Die Salbung in Christus, dem Erlöser, ist nämlich keine typologische, wie einst die Könige mit Öl gesalbt wurden, um Anteil zu erhalten an der Gnade der Propheten. Und "Gesalbter" heißt er auch nicht im Hinblick auf die Ausführung eines göttlichen Auftrags, in Entsprechung zu der Schriftstelle "So spricht der Herr zu Kyrus, seinem Gesalbten" (Jes 45,1), wo Kyrus, obgleich Heide, Gesalbter genannt wird, da er nach göttlichem Beschluß das ganze babylonische Reich besetzte. Er ist vielmehr auf menschliche Weise in der Knechtsgestalt durch den Heiligen Geist gesalbt zum Retter, als Gott aber salbt er selbst im Heiligen Geist die, die an ihn glauben. (Cyrill)

Wenn es dir aber nicht gefällt, daß er in Windeln gewickelt ist, so staune über die Engel, die ihn loben. Und wenn du die Krippe, in der er liegt, verachtest, so hebe den Blick ein wenig und betrachte den neuen Stern am Himmel, der der Welt die Geburt des Herrn bezeugt. - Wenn du aber an die Armseligkeit seiner Geburt glaubst, so glaube auch an die Wunder, die da geschahen. Und wenn du von dem, was zu seiner menschlichen Niedrigkeit gehört berichtest, so verehre auch das, was erhaben und göttlichwörtlich: himmlisch ist. (Maximus Confessor)

13 Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach:
14 Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.

[...] Weil aber der, der da geboren wird, zugleich Gott und Mensch ist, verkünden die Engel: Ehre sei Gott und Friede den Menschen. Da ein Engel als Bote die frohe Kunde von der Geburt Gottes im Fleische bringt, eilt sofort eine große himmlische Heerschar zum Lob des Schöpfers herbei, um Christus ihre Ehrfurcht zu erweisen und uns durch ihr Beispiel zu lehren, daß wir stets Gott durch Herz, Mund und Werk loben sollen, so oft ein Bruder in Christus das Wort zu heiliger Belehrung erhebt oder so oft wir selbst unseren Geist zur Andacht stimmen. (Beda)

Einstens wurden die Engel zur Strafe entsandt, so zu den Israeliten, zu David, zu den Sodomitern, zum Tal der Klagen. Nun aber singen sie auf Erden Gott Lob und Dank, da Er ihnen Sein Hinabsteigen zu den Menschen offenbarte. (Chrysostomus)

Die Engel lassen ihr Loblied erklingen, einesteils weil sie unsere Erlösung mit ihrem Jubelgesang begleiten, anderenteils weil sie sehen, daß wir wieder aufgenommen werden und sie sich freuen, daß dadurch ihre Zahl voll wird. (Gregor der Große)

Dieser Friede aber ward durch Christus begründet, denn Er versöhnte uns durch Sich mit Gott, dem Vater, indem Er die Feindschaft begründende Schuld hinwegnahm. Er befriedete die zwei Völker zu einem Menschen, und einte die Himmlischen und die Irdischen zu einer Herde. (Beda)

Sieh den wundersamen Vorgang: Gott führt die Engel zunächst zu uns herab, und dann führt Er den Menschen empor. Der Himmel ist zur Erde geworden, denn er mußte das Irdische aufnehmen. (Chrysostomus)

 
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Am Morgen
Zur LeseordnungEVANGELIUM   Lk 2,15-20
 
Die Hirten fanden Maria und Josef und das Kind
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
 
15 Als die Engel die Hirten verlassen hatten und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Betlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ.
Schau und beachte, wie einzigartig die Schrift die einzelnen Worte gegeneinander abwägt. Denn wenn das Fleisch des Herrn geschaut wird, sieht man das Wort, das der Sohn ist. Dies Beispiel des Glaubens möge dir nicht gering scheinen und die Person der Hirten nicht unbedeutend: Einfalt ist vonnöten, nicht aber Ehrgeiz. (Ambrosius)
16 So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.

Niemand ist, wenn er Christus sucht, träge und langsam. (Ambrosius)

Weil sie eilends und nicht säumig gingen, fanden sie Maria, die Mutter Jesu, und Joseph, den Pflegevater des Herrn, und das Kind in der Krippe, den Erlöser selbst. (Origenes)

17 Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war.
18 Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten.
Wie sollte es denn auch nicht wunderbar sein zu schauen, daß sich der Himmel mit der Erde und die Erde mit dem Himmel in Frieden versöhnte und daß jenes wunderbare Kindlein das durch seine Gottheit und Menschheit das Himmlische und das Irdische miteinander verbindet und in sich selbst ein staunenswertes Bündnis verkörperte? (Graecus)
19 Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.

Was ihr der Engel verkündet hatte, was die Hirten ihr berichteten, alles fügte sie in ihrem Geiste zusammen. Sie verglich es miteinander. Und als Mutter der Weisheit erkannte sie in dem allem eine einzigartige Übereinstimmung: der, den sie geboren hatte, war in Wahrheit Gott. (Graecus)

Die Menschen aber frohlockten bei der Geburt Christi nicht nach Menschenart, wie sie bei der Geburt eines Knaben gewöhnlich beisammen sich freuen, sondern sie frohlockten in der Gegenwart Christi, im Glanze des göttlichen Lichtes. Deshalb folgt: (Athanasius)

20 Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war.
[...] Alle Gläubigen sollten nach dem Beispiel dieser Hirten in Gedanken nach Bethlehem wandern und die Fleischwerdung Christi mit würdigen Ehrungen feiern. Laßt uns die fleischlichen Begierden abtun und aus dem ganzen Verlangen unseres Herzens zu dem überirdischen Bethlehem eilen, das heißt zu dem Haus des lebendigen Brotes, so daß wir den, den jene in der Krippe liegen sahen, auf dem Throne des Vaters als Herrscher zu sehen verdienen. Doch dürfen wir eine solche Seligkeit nicht nachlässig und träge suchen, sondern wir müssen mit feurigem Eifer den Spuren Christi folgen. Weil sie sahen, erkannten sie, deshalb wollen auch wir zusehen, daß wir das, was über unseren Erlöser gesagt worden ist, [jetzt] mit ganzer Hingabe und Liebe erfassen, damit wir es dann, wenn unsere Erkenntnis vollkommen sein wird, begreifen können. (Beda)
 
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Am Tag
Zur LeseordnungEVANGELIUM   Joh 1,1-18
 
Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
 
1 Im Anfang war das Wort,

Alle anderen Evangelisten beginnen mit der Menschwerdung, Johannes aber geht rasch über die Empfängnis, Geburt, Erziehung, das Heranwachsen hinweg und spricht sogleich von der ewigen Zeugung. (Chrysostomus)

Das griechische Wort "logos" kann lateinisch sowohl "Vernunft" (ratio) wie "Wort" (verbum) bedeuten. In diesem Fall wird es besser mit "Wort" übersetzt, damit dadurch nicht nur die Beziehung zum Vater deutlich wird, sondern auch die Beziehung zu all dem, was durch die wirkende Macht des Wortes geworden ist. [...] (Augustinus)

Weil wir täglich sprechen, sind uns die Worte wohlfeil geworden, klingend und verklingend sind sie von geringem Wert geworden. Es gibt aber auch ein Wort, das im Inneren des Menschen bleibt; denn nur der Klang tritt aus dem Mund hervor. "Wort" im eigentlichen Sinn wird das genannt, was du im Klang verstehst, nicht der Klang selbst. (Augustinus)

Wenn man also ein "Wort" verstehen kann, bevor es erklingt, ja bevor die Vorstellung von dem, wie es klingen muß, sich im Denken regt, dann kann man hierin wie in einem Spiegel und Rätselbild (1 Kor 13,12) ein Abbild des WORTES erblicken, von dem gesagt ist: "Im Anfang war das Wort". Wenn nämlich wir das aussprechen, was wir wissen, dann kann das nicht anders gehen, als daß das Wort aus dem Wissen hervorgeht, das wir im Gedächtnis tragen. Und dieses Wort ist ganz von der gleichen Art wie das Wissen, aus dem es hervorgeht. Der Gedanke, geformt von der Sache, die wir wissen, ist das Wort, das wir im Herzen sprechen. Und dieses Wort ist weder griechisch, noch lateinisch, noch von einer anderen Sprache. Wenn es aber zur Kenntnis derer gelangen soll, zu denen wir sprechen, dann nimmt es ein Zeichen an, wodurch es bezeichnet wird. (Augustinus)

Das Wort, das nach außen klingt, ist das Zeichen des Wortes, das im Innern verborgen ist. Und diesem letzteren gebührt eigentlich der Name "Wort", während das, was aus dem Mund des Leibes hervorgeht, der Wortklang oder das mit der Stimme gebildete Wort (vox verbi) ist. Es wird ebenfalls "Wort" genannt, weil es das hervorgehende innere Wort ist. (Augustinus)

Warum spricht der Evangelist aber nur vom Sohn und übergeht den Vater - so könnte man fragen. Nun, weil dieser allen bekannt war, wenn nicht als Vater, so doch als Gott; vom Einziggeborenen aber wußte man nicht. Daher wollte der Evangelist zuerst die Kenntnis vom Sohn denen einprägen, die ihn nicht kannten. Doch verschweigt er keineswegs den Vater, wenn er vom Sohn spricht. Denn gerade deswegen nennt er ihn "Wort". Er wollte ja verkünden, daß das Wort der Einziggeborene Sohn Gottes sei. Damit nun keiner auf den verderblichen Gedanken käme, diese Zeugung des Sohnes sei eine der Passivität und Leidenschaft, begegnet er dieser Gefahr durch die Benennung als "Wort", und zeigt damit, daß der Sohn ohne Leidenschaft aus Gott geboren sei.
Der zweite Grund [für die Nennung des Sohnes zuerst] liegt darin, daß eben der Sohn uns Kunde bringen sollte von dem, was des Vaters ist. Er nennt ihn nicht nicht einfach "Wort", sondern mit dem bestimmten Artikel: "das Wort", um ihn von allen übrigen zu unterscheiden. Denn die Hl. Schrift nennt ja oft auch die Gebote Gottes "Gottes Worte". Dieses Wort aber ist eine Substanz (substantia), eine Person (hypostasis), ist seiend (ens), aus dem Vater selbst ohne Leidenschaft hervorgehend. (Chrysostomus)

Das WORT Gottes ist des Vaters einziggeborener Sohn, er gleicht in allem dem Vater und ist ihm gleichrangig; er ist das gleiche wie der Vater, aber er ist nicht der Vater. Denn er ist der Sohn und jener der Vater. Daher weiß er alles, was der Vater weiß. Sein Wissen ist vom Vater wie sein Sein; denn Wissen und Sein ist hier eins. Der Vater aber hat sein Sein nicht vom Sohn und damit auch nicht sein Wissen. Der Vater zeugte das ihm in allem gleichrangige WORT, indem er gleichsam sich selbst aussprach. Er hätte sich selbst nicht voll und ganz ausgeprochen, wenn in seinem Wort weniger oder mehr als er selbst wäre.
Wir wollen den Blick noch einmal auf unser inneres Wort richten, in dem wir - trotz seiner großen Unähnlichkeit - doch eine Ähnlichkeit zum Wort Gottes entdeckt haben. (Augustinus)

Das Wort Gottes ist eine Form, die nicht geformt wurde, vielmehr die Form aller Formen ist, unveränderlich, ohne Geringerwerden, ohne Mangel, ohne Zeit, ohne Ort, alles überragend, gewissermaßen das Fundament für alles, in dem alles Bestand hat, und der höchste Gipfel von allem, dem alles unterworfen ist. (Augustinus)

Auch unser äußeres Wort hat mit dem göttlichen WORT eine Ähnlichkeit: Unser Wort drückt das ganz aus, was wir in Gedanken erfaßt haben [...] Unser Herz gleicht daher einer Quelle, das Wort aber einem aus der Quelle fließenden Bach. (Basilius der Große)

Das Wort "Anfang"oder 'Ursprung' (lat.: principium) hat mehrere Bedeutungen. Es gibt den Anfang eines Weges oder einer Strecke [...], den Anfang einer Abstammung [...]. Und auch Gott kann man nicht zu unrecht als "Ursprung von allem" bezeichnet werden [...]. Es gibt auch einen Anfang, der eine Art oder Form begründet (species): So ist Christus der Ursprung aller, die nach dem Bild Gottes gebildet sind. Und es gibt einen "Anfang der Unterweisung" (principium disciplinae) [...]: Diese Grundlage der Belehrung ist [Christus] in zweifacher Hinsicht: einmal aufgrund seines Wesens, die andere in Bezug auf uns. Man kann sagen: Christus ist von seinem Wesen her der Anfang der Weisheit, insofern er die Weisheit und das Wort Gottes ist. Für uns aber ist er die Grundlage der Belehrung, insofern er das Wort ist, das fleischgeworden ist. [...] Durch jenen Satz: Im Anfang war das Wort, magst du verstehen, daß der Sohn, das Wort, im Anfang, das heißt "im Vater" ist. (Origenes)

Aber da sagen welche: Wenn er der Sohn ist, dann ist er geboren. Das bekennen wir. Sie fügen hinzu: Wenn dem Vater ein Sohn geboren wird, dann war der Vater, bevor der Sohn geboren wurde. Das verwirft der Glaube. Dann sagt einer: Gib mir ein Argument (rationem), wie der Sohn dem Vater geboren werden kann und zugleich dem, von dem er hervorgeht, gleichewig sein kann. [...] Wir haben hier wirklich Mühe, Vergleiche zu finden für das, was wir behaupten. Freilich, wie könnten wir auch im Bereich des Geschaffenen etwas "Gleichewiges" finden, da es nicht einmal etwas Ewiges gibt? Aber wenn wir ein Zeugendes und ein Gezeugtes ausfindig machten, die zumindest gleich-zeitig sind, dann könnten wir dadurch auch das Gleich-ewige verstehen. Nun wird die Weisheit in der Hl. Schrift "der Glanz des ewigen Lichtes" und auch "Abbild des Vaters" genannt. Diese Vergleiche wollen wir beim Schopf packen, um etwas Gleich-zeitiges aufzudecken, und dadurch das Gleich-Ewige zu verstehen (intelligere). Niemand zweifelt, daß der Glanz vom Feuer ausgeht. Nehmen wir also an, das Feuer sei der Vater des Glanzes. Sobald ich ein Laterne anzünde, ist mit dem Feuer auch der leuchtende Schein da. Gib mir ein Feuer ohne Schein, und ich will dir glauben, daß der Vater einmal ohne Sohn gewesen sei!
Ein Abbild entsteht im Spiegel, sobald ein Mensch hineinblickt. Doch jener, der hineinblickt, war bereits, noch bevor er zum Spiegel hinzutrat. Nehmen wir also etwas an, das über der Wasseroberfläche entstanden ist, ein Zweig oder eine Pflanze etwa. Wird es nicht zusammen mit seinem Abbild geboren? Wenn also der Zweig immer wäre, dann wäre auch sein Bild immer. Was aber von einem anderen her stammt, ist "geboren". Damit könnte es etwas Zeugendes geben, das immer zugleich mit dem von ihm Stammenden existierte.
Nun könnte einer einwenden: Ja, ich habe verstanden, daß der Vater ewig und der Sohn ihm gleich-ewig ist; aber wir sagen doch auch, der vom Feuer ausgehende Glanz sei geringer als dieses, und ebenso, das Abbild des Zweiges sei weniger als der existierende Zweig. - Nein, bei Gott herrscht vollkommene Gleichheit. - Das glaube ich nicht, antwortet er, wenn du mir nicht noch ein Beispiel bringst. - Vielleicht finden wir im Bereich des Geschaffenen Vergleiche dafür, um besser zu verstehen, wie der Sohn dem Vater gleich-ewig und auch noch gleichrangig sein kann. Aber wir finden es nicht in ein und derselben Art von Vergleichen. Wir wollen zwei Arten Vergleiche miteinander verknüpfen. [...] Meine Gesprächspartner haben ja schon einen Vergleich angeführt: Sie argumentierten, daß die Kinder den Eltern zeitlich folgen, wenn ein Mensch von einem Menschen abstammt. Aber Mensch und Mensch sind von gleichem Wesen (substantia)! Bei dieser Geburt rühmen wir die Gleichheit des Wesens - es fehlt allerdings die Gleichzeitigkeit. Bei der anderen Art von Vergleich, die ich angeführt habe, vom Schein des Feuers und dem Abbild des Zweigleins, findest du zwar nicht die Gleichheit der Natur, aber die Gleichzeitigkeit. Ganz findest du bei Gott, was du hier nur stückweise findest. (Augustinus)

und das Wort war bei Gott,

Der ohne Zeit ist, ist nicht ohne Ursprung. (Hilarius)

Der Evangelist sagt nicht: Es war in Gott, sondern: Es war bei Gott. Damit verweist er auf die Ewigkeit, die ihm als göttlicher Person zukommt. (Chrysostomus)

Auch die Irrlehre des Sabellius wird durch diesen Satz widerlegt. Sabellius hatte behauptet, daß Vater, Sohn und Hl. Geist eine einzige Person seien, die einmal als Vater, dann als Sohn, dann wieder als Hl. Geist erscheine. Diese Ansicht wird zunichte durch die Formulierung: Das Wort war bei Gott; denn damit erklärt der Evangelist, daß zwischen Gott Vater und dem Sohn ein Unterschied besteht. (Theophylactus)

und das Wort war Gott.

Das wird ganz einfach ohne eine Beifügung gesagt. Zu Mose sprach Gott: "Ich habe Dich dem Pharao gegenüber als Gott gesetzt." (Ex 7,1). In diesem Fall wird die Bezeichnung "Gott" begründet, nämlich mit dem Zusatz "dem Pharao gegenüber" oder "für den Phararo". Das heißt, er wurde gefürchtet und angefleht, er konnte strafen und heilen. Es ist etwas anderes, zum Gott für jemanden "gesetzt zu werden" und Gott zu sein. (Hilarius)

Du hörtest: Im Anfang war das Wort. Doch damit du dabei nicht denkst, das Wort sei nur ewig im gleichen Sinne, wie die Engel es sind [...], fügt er bei: "Dies Wort war im Anfang bei Gott". Niemals war einer von beiden allein, immer war Gott bei Gott. So soll niemand denken, der Sohn sei von geringerer Göttlichkeit; darum nennt der Evangelist sogleich das eigentümliche Merkmal der Göttlichkeit: die Ewigkeit. (Chrysostomus)

2 Im Anfang war es bei Gott.
3 Alles ist durch das Wort geworden,

Mose begann die Schriften des Alten Testamentes, und er schrieb uns von den sichtbaren Dingen, deren er viele der Reihe nach nennt: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" (Gen 1,1), dann erzählt er von der Erschaffung des Lichtes, des Firmamentes, der Sterne und der Arten von Lebewesen. Der Evangelist geht über all das hinaus und faßt es in einem Wort zusammen; denn das ist den Hörern ja bekannt. Er will sie vielmehr rasch zu einer höheren Erkenntnis geleiten. Sein Buch beginnt er nicht mit den Werken, sondern mit dem Schöpfer selbst. (Chrysostomus)

Wenn das Wort nicht geworden ist, dann ist es kein Geschöpf. Wenn es aber kein Geschöpf ist, dann ist es von gleichem Wesen wie der Vater. Denn alles, was nicht Gott ist, ist geschaffen, und was nicht geschaffen ist, ist Gott. (Augustinus)

Die Arianer pflegen zu sagen: "Durch das Wort" bedeute nicht, daß der Sohn der Schöpfer sei, sondern nur das Werkzeug für die Erschaffung - so wie wir sagen, eine Öffnung sei durch eine Säge gemacht worden. Und so behaupten sie, der Sohn sei ein Geschöpf, gemacht zu dem Zweck, daß alles andere durch ihn gemacht werde. Was sie sich da ausdenken, ist nicht wahr, und wir antworten ganz schlicht darauf: Wenn der Vater den Sohn geschaffen hätte, um ihn wie ein Werkzeug zu benützen, dann kommt anscheinend dem Sohn weniger Ehre zu als dem, was durch ihn hervorgebracht werden soll. Denn das Ergebnis der Säge-Arbeit ist wichtiger als die Säge, diese ist nur um des Hervorgebrachten willen hergestellt worden. [...] Aber sie fragen: Warum heißt es dann nicht, daß "das Wort" alles geschaffen habe, sondern "durch das Wort"? Damit man verstehe, daß der Sohn nicht ungezeugt, nicht ohne Ursprung und nicht der Schöpfer Gott Vaters ist. (Theophylactus)

und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.

Das ist gesagt, damit du nicht denkst, das durch das Wort gewordene existiere unabhängig und außerhalb von ihm. Das Wort umfängt alles und erhält es im Sein. (Origenes)

Die Sünde freilich ist nicht von ihm gemacht. Es ist also handgreiflich, daß die Sünde "nichts" ist, und die Menschen, die sündigen, werden zu "nichts". Auch Götterbilder sind nicht vom Wort gemacht. Doch hat ein solches Machwerk menschliche Gestalt, und der Mensch ist durch das Wort geschaffen. Doch die Gestalt des Menschen in einem Götzenbild ist nicht durch das Wort geschaffen. Denn es steht geschrieben (1 Kor 8,4): "Wir wissen, daß die Götzen nichts sind". Also sind solche Dinge nicht durch das Wort geschaffen. Jedoch alles, was in der Natur ist, jedes Geschöpf, vom Engel bis zum Würmlein, ist durch das Wort geschaffen. (Augustinus)

Manche sagen fälschlich, der Teufel sei kein Geschöpf Gottes. Insoweit er der Teufel ist, ist er kein Geschöpf Gottes; derjenige aber, dessen Eigenschaft es ist, Teufel zu sein, ist ein Geschöpf Gottes - ungefähr als würden wir sagen: Gott hat keinen Mörder erschaffen; insofern aber ein Mörder ein Mensch ist, ist er ein Geschöpf Gottes. (Origenes)

4 In ihm war das Leben,

Wie eine Quelle Sturzbäche aus sich fließen lassen kann, ohne eine Minderung zu erfahren, so sollst du auch über das Wirken des Eingeborenen Sohnes denken: Glaube fest, daß er nicht abnimmt, wenn er alles aus sich hervorbringt. Die Bezeichnung "Leben" bezieht sich nicht nur auf die Erschaffung der Dinge, sondern auch auf die Vorsehung, die ihr andauerndes Sein gerichtet ist. (Chrysostomus)

und das Leben war das Licht der Menschen.

Er hatte gesagt: In ihm war das Leben, damit niemand denke, daß das WORT ohne Leben sei. Nun zeigt er, daß dies ein geistliches Leben ist und Licht für alle vernunftbegabten Geschöpfe.
Er sagt nicht: Licht allein für die Juden, sondern aller Menschen. Denn wir alle werden vom WORT erleuchtet, insofern wir von ihm, von dem wir erschaffen sind, Vernunft und Verstand empfangen haben. (Theophylactus)

5 Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfaßt.

Wenn er blinder Mensch in der Sonne steht, dann ist zwar die Sonne bei ihm, er aber ist nicht bei ihr. So ist auch der Tor blind, wiewohl die Weisheit bei ihm ist. Sie ist ihm nicht fern, doch er ist fern von ihr. (Augustinus)

Als das Leben zu uns kam, wurde die Herrschaft des Todes gebrochen. Da das Licht uns leuchtet, gibt es keine Dunkelheit mehr. Immer besteht das Leben, das kein Tod bezwingt, das Licht, das keine Dunkelheit verschlingen kann. "Die Finsternis hat es nicht ergriffen": Tod und Irrtum nennt der Evangelist "Finsternis". [...] Die Kunde Christi erstrahlte inmitten der Herrschaft des Irrtums und ließ ihn verschwinden. Christus, der gestorben ist, verwandelte den Tod in Leben, so daß er diejenigen befreite, die von ihm festgehalten wurden. Weder Tod noch Irrlehre haben die Botschaft Christi überwinden können; sie leuchtet an jedem Ort, sie strahlt mit der ihr eigenen Kraft. Darum heißt es: "Die Finsternis hat das Licht nicht ergriffen." (Chrysostomus)

6 Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes.

Was der Evangelist bis jetzt gesagt hat, bezieht sich auf die Gottheit Christi, der doch sichtbar als Mensch erschienen ist. Er war Mensch auf solche Weise, daß seine Gottheit verborgen war, und darum wurde ihm ein bedeutender Mensch vorausgesandt, damit durch sein Zeugnis bekannt werde, daß Christus mehr als ein Mensch ist. [...] Wäre er nicht "gesandt" gewesen, wie hätte er Wahres über Gott sagen können? (Augustinus)

Ich glaube im übrigen, daß keines der Worte des Täufers rein menschlich gewesen sind; denn er sprach nicht aus sich selbst, sondern die Worte dessen, der ihn gesandt hatte: Darum wird er auch "Bote" oder "Engel" genannt; denn die Tugend eines Engelsboten ist es, nichts Eigenes zu sagen. (Chrysostomus)

Johannes bedeutet "Gnade Gottes", oder: "in dem die Gnade Gottes ist. Er machte ja durch sein Zeugnis die Gnade des Neuen Bundes, Christus, der Welt bekannt. (Alkuin)

Manche geben sich ja alle Mühe, das Zeugnis der Propheten über Christus nicht anzuerkennen. Sie argumentieren, daß der Sohn Gottes keiner Zeugen bedürfe, und genügend Grund, an ihn zu glauben, in seinen heilbringenden Worten und in seinen Wundertaten liege. Auch Mose habe Glauben verdient aufgrund seines Wortes und seiner machtvollen Taten, er habe keiner vorausgehenden Zeugen bedurft. Darauf ist zu antworten, daß es viele Gründe gibt, die jemanden zum Glauben einladen können; und manch einen läßt das eine Argument kalt, während ihm ein anderes Anlaß wird, zum Glauben zu gelangen. Gott aber ist für alle Menschen Mensch geworden. Es steht fest, daß manche von Staunen ergriffen werden über die Person Christi, wenn sie sich wundern über die zahlreichen Worte der Propheten, welche schon vor seiner Ankunft geäußert wurden und beispielsweise vom Ort seiner Geburt sprachen. Auch muß man bedenken, daß wundersame Ereignisse wohl diejenigen Leute zum Glauben rufen konnten, die zur Zeit Christi lebten. Aber wenn viel Zeit vergangen ist, könnte man sie auch gut für Fabeleien halten. Mehr als Wundertaten allein trägt zum Glauben das prophetische Wort bei, nach dem man im Zusammenhang mit Wundertaten fragt. (Origenes)

7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
8 Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
9 Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.

Warum fügt er dieses "wahr" hinzu? Weil auch ein erleuchteter Mensch "Licht" genannt wird, das wahre Licht aber dasjenige ist, das erleuchtet. Denn wir sprechen ja auch vom "Augenlicht"; doch stehen unsere Augen umsonst offen, wenn nicht bei Nacht ein Licht entzündet wird oder bei Tag die Sonne aufgeht. Darum heißt es auch: "das alle Menschen erleuchtet". Jeden Menschen, auch Johannes. Christus selbst erleuchtete den, von dem er wollte, daß er auf ihn zeige. Oftmals kommt es vor, daß man an einem leuchtenden Körper erkennt, daß die Sonne aufgegangen ist, die wir mit bloßem Auge nicht schauen können - denn wer kranke Augen hat, kann gerade eine hell leuchtende Wand oder etwas Ähnliches anblicken. Ebenso waren all die Menschen, zu denen Christus gekommen war, zu wenig imstande, ihn zu sehen. Doch Johannes leuchtete, und durch sein Bekenntnis, daß er das Licht empfangen habe, wurde der erkannt, der das Licht gibt. (Augustinus)

Wo sind die Leute, die behaupten, Christus sei nicht wahrer Gott? Hier wird er "wahres Licht" genannt. Aber wenn er "jeden Mensch erleuchtet, der in diese Welt kommt", wie konnten so viele ohne dieses Licht bleiben? Nicht alle haben erkannt, daß Christus zu verehren sei. Wir sagen: Was ihn betrifft, so erleuchtet Christus jeden Menschen. Wenn aber jemand die Augen seines Geistes verschlossen hält und die Strahlen dieses Lichtes nicht annehmen will, dann ist das nicht dem Wesen des Lichtes anzulasten, wenn er finster bleibt. Das kommt von der bösen Gesinnung, mit der sich manche der Gabe der Gnade selber berauben. Denn die Gnade ist auf alle ausgegossen. (Chrysostomus)

Oder eine andere Erklärung: "Er erleuchtet jeden Menschen", verstehen wir nicht in dem Sinn, daß es keinen gäbe, der nicht erleuchtet würde, sondern daß jeder, der erleuchtet wird, von Christus erleuchtet wird. (Augustinus)

Ob es sich um natürliche Begabung oder um übernatürlich-göttliche Weisheit handelt: Niemand hat das Sein aus sich selbst, und ebenso ist auch niemand weise aus sich selbst. (Beda)

10 Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden,

Wenn jemand, der gerade gesprochen hat, zu sprechen aufhört, verstummt seine Stimme und das Wort verklingt. Wenn nun der Vater im Himmel aufhörte, sein WORT zu sprechen, dann würde die Wirkung des Wortes, das ist die gesamte im Wort erschaffene Welt, nicht bestehen bleiben. Denke nicht, daß das WORT so in der Welt war, wie es in der Welt die Erde, das Vieh und die Menschen gibt, sondern so wie der Künstler, der das, was er gemacht hat, lenkt. Darum folgt: "Die Welt ist durch ihn geworden". Er hat sie nicht fabriziert wie ein Handwerker, der außerhalb dessen bleibt, das er herstellt. Gott durchdringt die Welt, er wirkt überall, ist nirgends fern. Er wirkt durch die Gegenwart seiner Majestät alle seine Taten, und er lenkt, was er schafft. (Origenes)

Er war in der Welt - aber nicht wie jemand, dessen Zeit mit der Zeit der Welt zusammenfällt. Darum: "die Welt ist durch ihn geworden". Neuerlich wirst du dadurch auf die ewige Existenz des Eingeborenen verwiesen. Denn wenn jemand hört, das All sei sein Werk, dann muß er, selbst wenn sein Verstand ausgesprochen lahm wäre, zugeben, daß es vor dem Werk einen Schöpfer geben muß. (Chrysostomus)

Auch hier wird die Manichäische Seuche ausgetilgt, die davon redet, ein böser Schöpfer habe das alles hervorgebracht. Und auch die Arianer, die behaupten, der Sohn Gottes sei ein Geschöpf. (Theophylactus)

aber die Welt erkannte ihn nicht.

Hier wird nun "Welt" in einer anderen Bedeutung verwendet, nämlich für die Liebhaber dieser Welt. Haben denn nicht die Himmel, die Engel, die Gestirne ihren Schöpfer erkannt, haben ihn nicht sogar die Dämonen bekannt, hat nicht die ganze Welt überall Zeugnis abgelegt? Wer waren die, welche ihn nicht erkannten? Diejenigen, die die Welt so sehr lieben, daß sie Welt genannt werden. Wenn wir die Welt lieben, leben wir mit unserem Herzen in der Welt. Wer die Welt nicht liebt, der lebt nur dem Fleische nach in der Welt, die Wohnung seines Herzens aber ist im Himmel (Phil 3,20). Wenn wir von einem "üblen" oder einem "guten Haus" sprechen, dann schelten oder loben wir ja auch nicht die Mauern, sondern die Bewohner. So nennen wir "Welt" diejenigen, die mit ihrer ganzen Liebe in der Welt wohnen. (Augustinus)

Die Freunde Gottes aber haben ihn erkannt, sogar schon bevor er leiblich gegenwärtig war; denn Christus sagt: "Abraham, euer Vater, jubelte, daß er meinen Tag sehen sollte" (Joh 8,54). Wenn uns also die Heiden mit ihrer Frage zusetzen: "Warum kam er denn erst so spät, am Ende der Zeiten, um unser Heil zu wirken, und hat sich so lange um uns nicht gekümmert?", dann antworten wir: "Er war schon vorher in der Welt, er hat wirkend für sein Werk gesorgt, und er wurde von allen, die dessen würdig waren, erkannt." Auch wenn die Welt ihn nicht erkannte, so erkannten ihn doch diejenigen, derer die Welt nicht würdig war (Hebr 11,38). Wenn der Evangelist sagt: "Die Welt hat ihn nicht erkannt", dann gibt er in aller Kürze den Grund für die Blindheit an: "Welt" nennt er die Menschen, die sich einzig und allein auf die Welt fixieren, die nur an die Welt denken und denen nur Weltliches schmeckt. Nichts verwirrt den Geist so sehr, wie sich aufzulösen in der Liebe zu dem, was vor Augen liegt und vergänglich ist. (Chrysostomus)

11 Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.

"Die Welt hat ihn nicht erkannt ...": Das ist gesagt von den vergangenen Zeiten. Dann aber beginnt der Evangelist von der Zeit der Verkündigung zu sprechen: "Er kam in sein Eigentum." Nicht als ob er es nötig gehabt hätte, sondern um den Seinen Gutes zu tun. Doch woher kam er, der alles erfüllt, der überall gegenwärtig ist? Er hat dieses Kommen gewirkt durch sein Herabsteigen oder seine Herabneigung (condescensio) zu uns: Er, der in der Welt anwesend war, wurde nicht als anwesend geglaubt, weil er noch nicht erkannt worden war; darum würdigte er sich, Fleisch anzunehmen. Dieses Offenbarwerden, diese Herabneigung aus Gnade, nennt der Evangelist "Kommen". Der barmherzige Gott aber tut alles, damit wir im Glanz der Tugend erstrahlen sollten. Darum will er keinen mit Zwang, sondern alle freiwillig durch Zureden und Wohltaten an sich ziehen. Darum nahmen ihn die einen auf, die anderen nicht. Er will keinen erzwungenen, unfreien Dienst [...] Darum folgt: "Die Seinen nahmen ihn nicht auf." Der Evangelist nennt die Juden "die Seinen"; denn sie sind sein besonderes Eigentum. Aber es sind damit auch alle Menschen gemeint, weil alle von ihm erschaffen sind. (Chrysostomus)

12 Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben,

Ob Sklaven oder Freie, ob Griechen oder Barbaren, ob Ungebildete oder Weise, ob Frauen oder Männer, ob Kinder oder Greise: alle wurden derselben Ehre für würdig erachtet. (Chrysostomus)

Was für eine große Liebe! Der Eingeborene wird geboren, doch er will nicht einer allein bleiben, er fürchtet nicht, Miterben zu haben; denn sein Erbe wird nicht geringer, wenn viele daran teilhaben. (Augustinus)

Es heißt nicht: Er hat sie zu Söhnen Gottes gemacht, sondern: Er gab ihnen die Macht, Söhne Gottes zu werden. Damit wird gezeigt, daß es auch der Mühe bedarf, das Bild der Adoptivkindschaft, das wir in der Taufe empfangen haben, stets unversehrt zu bewahren. Es wird aber auch gezeigt, daß niemand uns diese Macht nehmen kann, wenn wir sie nicht selbst wegwerfen. [....] (Chrysostomus)

Oder eine andere Interpretation: Er sagt das im Hinblick auf die Vollendung der Kindschaft, die wir bei der Auferstehung erlangen werden (Röm 8,23). Er gab uns also die Macht, diese Gnade in der Zukunft zu erlangen. (Theophylactus)

13 die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
14 Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt,

Nach den Worten, daß diejenigen, die ihn aufgenommen haben, aus Gott geboren worden sind, wird die Begründung für eine solche Ehre gegeben: Das WORT wurde Fleisch, der eingeborene Sohn Gottes wurde Sohn des Menschen, damit die Menschenkinder Gottes Kinder würden. Wenn du vernimmst: "Das Wort wurde Fleisch", laß dich nicht verwirren: Er hat nicht etwa seine Wesenheit in Fleisch verwandelt - das wäre ein gottlose Vorstellung. Er hat vielmehr die Knechtsgestalt angenommen, wobei er blieb, was er ist. Weil es Leute gibt, die alles, was die Fleischwerdung betrifft, als bloßen Anschein betrachten, macht der Evangelist ihre lästerlichen Behauptungen mit dem Wort "Es wurde" (factum est) zunichte. Wenn nun jemand fragte, warum Gott, da er doch allmächtig sei, sich nicht in Fleisch verwandeln könne, antworten wir: weil jede Verwandlung in etwas anderes sich mit dem unwandelbaren Wesen Gottes nicht verträgt. (Chrysostomus)

Wie unser [inneres] Wort zuweilen ein mit der Stimme ausgesprochenes Wort wird, indem es den vernehmbaren Laut annimmt, wodurch es vernehmbar wird, so ist das Wort Gottes Fleisch geworden; es nahm das Fleisch an, wodurch es sich den Sinnen der Menschen zu erkennen geben konnte. Und ebenso wie unser inneres Wort Wortlaut wird, ohne sich in den Wortlaut zu verwandeln, so wurde das Wort Gottes Fleisch, verwandelte sich aber keineswegs darein: Das Wort nahm das Fleisch an, es verlor sich nicht darein. (Augustinus)

Die Rede, wodurch wir uns äußern und untereinander sprechen, ist unkörperlich, nicht sichtbar, nicht greifbar. Wenn jedoch eine Rede sich in schriftliche Buchstaben kleidet, dann wird sie sichtbar, man kann sie anschauen und anfassen. So auch beim Wort Gottes: das von sich aus unsichtbar ist, wird sichtbar, das unkörperlich ist, kann man nun anfassen. (Akten des Konzils von Ephesus)

"Fleisch" steht hier für den ganzen Menschen - so wie es im Psalm 65 heißt: "Zu dir kommt alles Fleisch". (Augustinus)

Verstehen wir also durch diesen Satz: "Das Wort ist Fleisch geworden", daß das WORT selbst Mensch ist, und daß der gleiche, welcher der Sohn Gottes ist, der Sohn einer Frau wurde. Diese Frau wird "Gottesgebärerin" genannt, weil sie Gott in der Menschennatur geboren hat. (Theophylactus)

Damit man aber diesen Satz nicht falsch verstehe, so als ob sich die unwandelbare Wesenheit verwandelt habe, wird hinzugefügt: "Und hat mitten bei uns gewohnt". Der, welcher wohnt, ist unterschieden von seiner Wohnung, und zwar unterschieden der Wesenheit nach. Und doch ist das fleischgewordene Wort Gottes nur Einer, da es das Fleisch mit sich geeint und sich verbunden hat. (Chrysostomus)

und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

Durch seine Geburt hat das WORT uns eine Augensalbe bereitet. Unsere Augen sollten, damit bestrichen, die Majestät des WORTES mittels seiner Menschennatur sehen können. Darum folgt: "Und wir haben seine Herrlichkeit gesehen". Niemand kann seine Herrlichkeit sehen, wenn er nicht durch die Demut der Menschwerdung geheilt wird. Dem Menschen war gewissermaßen Staub von der Erde in die Augen geraten; die Augen waren wund. Da wird Erde aufgelegt, um zu heilen. Fleisch hat dich verblendet, Fleisch soll dich heilen. Die Seele hatte sich vom Fleisch bestimmen lassen, indem sie den Begierden des Fleisches zustimmte. So wurde das Auge des Herzens blind. Der Arzt hat dir eine Salbe bereitet: denn er kam auf eine Weise, daß er im Fleisch die Laster des Fleisches austilgte. Das WORT also wurde Fleisch, damit du sagen könnest: "Wir haben seine Herrlichkeit gesehen". (Augustinus)

Es umstrahlte viele Propheten der Glanz der Herrlichkeit, denk nur an Mose, oder Elischa, und viele andere, die Wunder vollbrachten. Auch wenn Engel erschienen, ließen sie jenen Lichtglanz erkennen, der ihrer Natur eigen ist, und die Cherubim und Seraphim wurden vom Propheten in großer Herrlichkeit geschaut. Von all dem zieht nun der Evangelist die Augen unseres Geistes ab und richtet sie auf den Glanz, der alles Geschaffene, jede Herrlichkeit unserer Mitknechte übersteigt: Er führt uns zur höchsten Höhe. So als wolle er sagen: Nicht wie der Glanz und die Herrlichkeit eines Propheten oder eines anderen Menschen, nicht wie der eines Engels oder Erzengels oder sonst einer himmlischen Macht, nicht so ist die Herrlichkeit, die wir geschaut haben. Sie ist die Herrlichkeit des Königs selbst, des wahren, eingeborenen Sohnes des Vaters. (Chrysostomus)

"Voll Gnade und Wahrheit": Das kann man zweifach verstehen, nämlich hinsichtlich der Menschheit und der Gottheit des fleischgewordenen Wortes. Die "Fülle der Gnade" kann auf die Menschheit bezogen werden, denn Christus ist das Haupt der Kirche und der Erstgeborene der ganzen Schöpfung […]. Man kann die Fülle der Gnade auch im Hinblick auf den Heiligen Geist verstehen, dessen siebenfaches Wirken die Menschheit Christi erfüllte. Die "Fülle der Wahrheit" bezieht sich dann auf die Gottheit Christi. (Origenes)

Sein Wort war voll Gnade - wie David sagt: "Gnade ist ausgegossen über deine Lippen" (Ps 45, 3). Und es war voll Wahrheit; denn die Worte und Handlungen des Mose und der Propheten waren geheimnisvolle Vorausbildung (figura), in Christus aber kam die Wahrheit. (Theophylactus)

15 Johannes legte Zeugnis für ihn ab und rief: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war.

Oder er sagt dies nicht über die Geburt, die aus Maria stattfand; denn Christus war schon geboren, als Johannes dies sagte; sondern er sprach von seiner Ankunft zur Predigt [sc. am Jordan]. Er sagt aber: "Er ist vor mir geworden", d. h. er ist herrlicher und ehrenvoller, als ob er sagte: Haltet mich nicht deswegen für größer als jenen, weil ich früher zum Predigen kam. (Chrysostomus)

16 Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade.
17 Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.

Wir haben nämlich aus seiner Fülle zuerst die Gnade empfangen, und weiterhin empfingen wir Gnade über Gnade. Was für eine Gnade haben wir zuerst empfangen? Den Glauben. GnadeLat.: gratia wird er genannt, weil er uns umsonstLat.: gratisgegeben wird. Diese Gnade also empfing der Sünder als erste, damit seine Sünden ihm erlassen werden; und dann Gnade über Gnade , d. h. für die Gnade, in der wir aus dem Glauben leben, werden wir eine andere empfangen, d. h. das ewige Leben; denn das ewige Leben ist gleichsam der Lohn des Glaubens, das ewige Leben ist Gnade über Gnade. Diese Gnade gab es im alten Testament nicht; denn das Gesetz drohte, es half nicht; es befahl, es heilte aber nicht; es zeigte die Krankheit, beseitigte sie aber nicht, sondern bereitete vor auf den künftigen Arzt, der mit Gnade und Wahrheit kommen sollte; daher folgt: "Denn das Gesetz wurde durch Moses gegeben, Gnade und Wahrheit aber ist durch Jesus Christus geworden." Denn der Tod deines Herrn tötet den zeitlichen Tod; gerade das ist die Gnade, die im Gesetz versprochen, aber nicht erlangt wurde. (Augustinus)

18 Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.

Offensichtlich wird zu verstehen gegeben, daß, solange man hier auf sterbliche Weise lebt, Gott nur durch gewisse Bilder gesehen werden kann; im wirklichen Aussehen seiner Natur kann er nicht gesehen werden; daher kann die Seele, die von der Gnade des Geistes erfüllt ist, Gott nur durch bestimmte Bilder sehen, aber zur Macht seines Wesens gelangt sie nicht. (Gregor der Große)

Weder die Propheten noch Engel noch Erzengel haben gesehen, wenn sie davon sprechen, was das Wesen Gottes ist. Wenn du sie fragst, dann wirst du in ihrer Antwort nichts über sein Wesen hören. Sie sagen aber nicht nur: Ehre sei Gott in der Höhe, sondern auch: Friede auf Erden den Menschen guten Willens. Und wenn du von den Cherubinen und Seraphinen etwas wissen willst, so wirst du einen geheimnisvollen, heiligen Lobgesang hören und zwar: "Himmel und Erde sind voll von seiner Herrlichkeit." (Chrysostomus)

Er fügte noch etwas anderes an, indem er sagte: "Der im Schoße des Vaters ist"; denn im Schoße zu verweilen ist viel mehr als nur einfach zu sehen; denn wer einfach sieht, der hat überhaupt keine Erkenntnis von dem, was er sieht; wer aber im Schoß verweilt, der wird alles wissen. Wenn man also hört, daß keiner den Vater kennt außer der Sohn, so darf man keineswegs sagen, daß er zwar den Vater mehr kennt als alle, aber ihn doch nicht in seiner ganzen Größe kennt; deswegen sagt der Evangelist, daß er sich im Schoße seines Vaters befindet, damit wir nicht glauben, daß dadurch etwas anderes ausgedrückt sei als die gleiche Verbundenheit und Mitewigkeit des Einziggeborenen mit dem Vater. (Chrysostomus)

Denn im Schoße des Vaters sein bedeutet: Im Geheimnis des Vaters sein; denn Gott hat keinen Schoß wie wir ihn unter unseren Kleidern haben; oder man könnte denken, er sitze so wie wir; oder er ist so gegürtet, daß er einen Schoß hat; sondern weil unser Schoß drinnen ist, wird das Geheimnis des Vaters Schoß genannt. Wer also im Geheimnis des Vaters den Vater kennt, der hat verkündet, was er gesehen hat. (Augustinus)

Aber was hat er verkündet? Daß Gott ein Einziger ist. Aber das sagen auch die übrigen Propheten und Moses. Was haben wir also mehr gelernt vom Sohn, der im Schoße des Vaters ist? Erstens ist gerade das, was andere verkündet haben, durch das Wirken des Einziggeborenen bekräftigt worden; zweitens haben wir durch den Einziggeborenen ein viel größeres Wissen erlangt und wir haben erkannt, daß Gott Geist ist, und daß die, die ihn anbeten, ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten müssen, und [drittens], daß Gott der Vater des Einziggeborenen ist. (Chrysostomus)

 
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