Genauso bekennen wir auch, daß er gesalbt worden ist, als er Fleisch annahm. Deshalb folgt: "Denn der Herr hat mich gesalbt." Es wird nämlich nicht die göttliche Natur gesalbt, sondern das, was, uns bekannt, auf Erden lebt. So ist es auch der Menschheit zuzurechnen, wenn er sagt, daß er gesandt sei. Denn es folgt: "Er hat mich gesandt, damit ich den Armen einen gute Nachricht bringe."
Cyrill
Arm nennt er die [Heiden-]Völker. Diese nämlich waren arm, weil sie überhaupt nichts besaßen, nicht Gott, nicht das Gesetz, nicht die Propheten, nicht die Gerechtigkeit und nicht die übrigen Tugenden.
Origenes
Oder allgemein: Er wird mit dem geistlichen Öl und mit himmlischer Tugend gesalbt, damit er die Armut des Menschengeschlechts mit dem ewigen Schatz der Auferstehung benetze.
Ambrosius
Er wird aber gesandt, den Armen die frohe Botschaft zu verkünden, weil er sagt: "Selig die arm sind vor Gott, denn ihrer ist das Himmelreich." (Mt 5,3)
Beda
Oder er kommt, die im Herzen zerschlagenen zu heilen, das heißt, das Heilmittel denen zu geben, die wegen der Sünde ein vom Satan zerschlagenes Herz haben. Er tut es, indem er für sie sein Herz preisgibt.
Basilius der Große
Das Wort Gefangenschaft ist vieldeutig. Es gibt nämlich eine gute Gefangenschaft, wie Paulus in 2 Kor 10, 5 sagt: "Wir nehmen alles Denken gefangen, so daß es Christus gehorcht." Es gibt aber auch eine schlimme leibliche [Gefangenschaft], das ist die, die von leiblichen Feinden ausgeht. Noch schlechter freilich ist die geistige, von der er hier spricht. Die Sünde gebraucht nämlich eine sehr schlimme Gewaltherrschaft aus, indem sie das Schlechte vorschreibt und die, die ihr gehorchen, verwirrt. Aus diesem geistigen Gefängnis hat uns Christus herausgerissen.
Chrysostomus
Dies kann aber auch von den Toten gesagt sein, die als Gefangene leben und durch die Auferstehung Christi von der Herrschaft der Unterwelt befreit worden sind.
Theophylactus
Diese Dinge sind vorausgesagt, damit wir, nachdem wir von der Blindheit zum Sehen, von den Fesseln zur Freiheit, von verschiedenen Verwundungen zur Gesundheit gelangt sind, zum Gnadenjahr des Herrn gelangen. Darum folgt: "Ein Gnadenjahr des Herrn auszurufen." Manche aber sagen, nach einem schlichten Verständnis, daß der Heiland nur ein Jahr lang das Evangelium in Judäa verkündet habe. Oder das Gnadenjahr des Herrn ist die ganze Zeit der Kirche, in der sie, solange sie im Leib ist, fern vom Herrn weilt.
Origenes