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LESEJAHR A

Der Advent

2. ADVENTSSONNTAG

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mt 3,1-12
 
Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
 
1 In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und verkündete in der Wüste von Judäa:

Die aufgehende Sonne schickt, bevor sie selbst erscheint, ihre Strahlen und läßt den Osten hell werden. Wie also das vorangehende Morgenrot vom kommenden Tag zeugt, so hat auch der Herr nach seiner Geburt auf dieser Welt, bevor er selbst erscheine, Johannes durch seines Geistes Unterweisung wie durch einen Blitz erleuchtet, damit jener als Vorläufer die Ankunft des Retters ankündige. Und so schickt der Evangelist, nachdem er die Geburt Christi berichtet hat und ehe er von seiner Lehre und der Taufe berichtet, in der er bezeugt worden ist, etwas über den Vorläufer und Täufer voraus, indem er sagt: "In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und verkündete in der Wüste von Judäa." (Pseudo-Chrysostomus)

Das Amt [sc. des Johannes] fügt er hinzu, wenn er sagt: "der Täufer", denn darin hat er dem Herrn den Weg bereitet. Wenn nämlich die Menschen nicht dran gewöhnt worden wären, getauft zu werden, hätten sie vor der Taufe Christi zurückgeschreckt. Den Eifer zeigt er, wenn er sagt: "Er verkündete." (Remigius)

Oder hier soll erwogen werden, daß zum Heil Gottes und zur Ehre des Herrn nicht in Jerusalem gepredigt wird, sondern in der Einöde, die die Kirche war, und in der [scheinbar von Gott] verlassenen Menge der Heiden.Hier wird mit den Worten desertum (Wüste) und desertus (verlassen) gespielt. (Hieronymus, Super Isaiam)

2 Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.

Damit macht er von Anfang an deutlich, daß er der Gesandte des gütigen Königs ist, denn er wandte sich nicht nur den Sündern zu, sondern versprach ihnen auch die Vergebung. Könige pflegen, wenn ihnen ein Sohn geboren worden ist, in ihrem Reich eine Amnestie zu gewähren; aber vorher schicken sie die schärfsten Vollstrecker hindurch. Gott aber wollte, als sein Sohn geboren war, die Vergebung der Sünden schenken, darum hat er einen Vollstrecker vorausgeschickt, der fordert und ruft: "Kehrt um!" - Doch was ist das für eine Urteilsvollstreckung, die nicht arm, sondern reich macht! Denn wenn einer das tut, was er schuldig ist - nämlich gerecht zu handeln -, dann erweist er nicht Gott einen Dienst, sondern er hat selber davon den Gewinn, indem er sein Heil erlangt. Die Buße reinigt nämlich das Herz, erhellt die Sinne und bereitet das Menschenherz darauf vor, Christus aufzunehmen; deshalb fügt er hinzu: "Denn das Himmelreich ist nahe." (Pseudo-Chrysostomus)

3 Er war es, von dem der Prophet Jesaja gesagt hat: Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!

Johannes ist also gleichsam die Stimme des Wortes, das ruft. Denn in der Stimme ruft das Wort, das bedeutet: Christus ruft in Johannes. (Glossa)

So hat er auch in allen gerufen, die vom Anfang an aus göttlichem Antrieb gesprochen haben. Und dennoch ist Johannes allein die Stimme, weil sich durch ihn zeigt, daß das Wort anwesend ist, welches die anderen von ferne angekündigt haben. (Beda)

Jeder aber, der den rechten Glauben und gute Werke predigt, bereitet dem Herrn den Weg zu den Herzen seiner Zuhörer und ebnet ihm die Straßen, solange er im Geist durch die Sprache der guten Predigt reine Gedanken formt (Gregor der Große)

4 Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften; Heuschrecken und wilder Honig waren seine Nahrung.

Nachdem sich gezeigt hat, daß er selbst die Stimme des Rufers in der Wüste ist, hat der Evangelist klug hinzugefügt: "Johannes aber trug ein Gewand aus Kamelhaaren", womit gezeigt wird, was für ein Leben er führte: Denn er legt für Christus sein Zeugnis ab, sein Leben spricht für ihn, denn niemand kann für einen anderen angemessen zeugen, wenn er nicht zuvor für sich selber zeugt. (Pseudo-Chrysostomus)

5 Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend zogen zu ihm hinaus;
6 sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.

Die Taufe des Johannes weist auf den Stand der Katechumenen voraus. Denn so wie die Kinder im Glauben unterwiesen werden, damit sie des Taufsakramentes würdig werden, so taufte Johannes, damit die von ihm Getauften später in einem frommen Leben würdig würden, zur Taufe Christi hinzuzutreten. Im Jordan taufte er aber, damit sich die Pforten des Himmelreiches dort öffneten, wo den Kindern Israels die Eingangspforte zum gelobten Land gegeben wurde. (Remigius)

Gut, daß von den zu Taufenden gesagt wird, daß sie zum Propheten hinausgehen, weil niemand die Taufe zu seinem Heil empfangen kann, wenn er nicht von der Krankheit der Sünde Abstand nimmt und der Pracht des Teufels und den Verlockungen der Welt widersagt. Gut auch, daß es heißt, sie seien in den Jordan hinabgestiegen: Denn sie waren vom Stolz des Lebens zur Demut eines wahrhaftigen Bekenntnisses hinabgestiegen. Schon damals wurde den Täuflingen ein Beispiel gegeben, daß sie ihre Sünden bekennen und ein besseres Leben versprechen sollten. (Hrabanus)

7 Als Johannes sah, daß viele Pharisäer und Sadduzäer zur Taufe kamen, sagte er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, daß ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt?
8 Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt,

Zu jenen also, die unter den Juden die Größten zu sein schienen, sagte Johannes, als er sie zu seiner Taufe kommen sah: "Ihr Schlangenbrut, wer hat euch gelehrt, daß ihr dem kommenden Gericht entkommen könnt?" (Glossa)

9 und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben ja Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen.

Oder aber: Der Stein bezeichnet die Heiden, weil jene Steine [als Götter] anbeteten. (Hrabanus)

Ein Stein ist auch nicht leicht zu bearbeiten, wenn er es aber einmal ist, dann geht das, was daraus hergestellt wurde, nicht [mehr] zugrunde. So ist es aber auch bei den Heiden: nur schwer kamen sie zum Glauben, wenn sie ihn aber einmal angenommen haben, dann stehen sie in Ewigkeit fest darin. (Pseudo-Chrysostomus)

Lies [dazu auch] Ez (11,19): "Ich nehme euch das Herz von Stein und gebe euch ein neues Herz von Fleisch." Durch den Stein wird die Verhärtung, durch das Fleisch die Zartheit bezeichnet. (Hieronymus)

10 Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.

Oder: Die Axt ist unser Heiland, weil er aus Gottheit und Menschheit besteht so wie diese aus einem Holzgriff und aus einer Eisen[klinge]: seine menschliche Natur ist das, woran er gehalten wird,Das scheint zu bedeuten, daß die Menschheit Christi das Instrument ist, durch das Erlösung (hier im Sinne der Reinigung vom Bösen) geschieht. seine Gottheit aber ist es, die [mit Macht in das Böse] einschneidet. Und diese Axt ist an die Wurzel des Baumes gelegt, denn auch wenn sie aus Geduld noch wartet, scheint dennoch auf, was zu tun sie im Begriff ist: "Jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. " [...] Die Axt ist aber nicht an den Zweigen angesetzt, sondern an der Wurzel: Wenn man nämlich die Sprößlinge der Schlechten wegnehmen will, schneidet man nur die Zweige eines unfruchtbaren Baumes ab; wenn man aber alles, die Nachkommen wie die Eltern wegnehmen will, wird der unfruchtbare Baum an der Wurzel abgesägt, damit nichts bleibe, woraus wieder schlechte Sprößlinge nachwachsen. (Gregor der Große, Hom. in Ev. 20,9)

11 Ich taufe euch nur mit Wasser (zum Zeichen) der Umkehr. Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe auszuziehen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.

Johannes tauft nicht im Geist, sondern im Wasser, weil er nicht die Macht hatte, Sünden zu vergeben: Die Körper wäscht er mit dem Wasser, die Seelen aber dennoch nicht mit der Vergebung. (Gregor der Große. Hom. in Ev. 7,3)

Oder er tauft in dieser Weise, weil ja Christus getauft werden mußte. Aber weshalb ist dann nicht nur er von Johannes getauft worden, wenn Johannes nur dazu gesandt war, daß durch ihn Christus getauft werde? Weil, wenn allein der Herr mit der Taufe des Johannes getauft worden wäre, die nicht gefehlt hätten, die meinten, die Taufe des Johannes sei größer als die Taufe Christi, und zwar so sehr, daß allein Christus mit ihr getauft zu werden verdient hätte. (Augustinus, Super Iohannem)

Man muß aber wissen, daß Christus in fünf Weisen nach Johannes kommt: wenn er geboren wird, wenn er zu predigen beginnt, wenn er getauft wird, wenn er stirbt und wenn er in die Unterwelt hinabsteigt. Und treffend nennt man den Herrn stärker als Johannes, weil jener reiner Mensch, dieser aber Gott und Mensch ist. (Remigius)

Es ist also klar, daß die Taufe Christi die Taufe des Johannes nicht aufhebt, sondern in sich einschließt: Wer nämlich im Namen Christi getauft wird, hat beide Taufen, die Wasser- und die Geisttaufe. Denn Christus war Geist und er hat einen Leib angenommen, so daß er die leibliche und die geistliche Taufe schenken konnte. Die Taufe des Johannes aber schließt die Taufe Christi nicht in sich ein, weil das Geringere das Größere nicht in sich einschließen kann. So hat auch der Apostel, als er einige Epheser gefunden hatte, die mit der Taufe des Johannes getauft worden waren, diese im Namen Christiwiederum getauft (Apg 19,3), weil sie nicht im Geist getauft waren, da ja auch Christus die von Johannes Getauften noch einmal getauft hat, wie es die Rede des Johannes beweist: "Ich taufe euch im Wasser, jener wird euch im Geist taufen." - Und diese Taufe [Christi] ist keine Wiedertaufe, sondern es ist eine erste Taufe, denn die Taufe Christi war größer als die des Johannes, so daß etwas wirklich Neues gegeben wurde und nicht nur [die Taufe des Johannes] wiederholt wurde. (Pseudo-Chrysostomus)

12 Schon hält er die Schaufel in der Hand; er wird die Spreu vom Weizen trennen und den Weizen in seine Scheune bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.

Die Tenne ist die Kirche, die Scheune das Himmelreich, der Acker aber diese Welt. Indem der Herr die Apostel und die übrigen Lehrer gleichsam als Schnitter sendet, hat er alle Völker von der Welt abgemäht und in seiner Scheune gesammelt. Hier also müssen wir gedroschen, hier geworfelt werden. Alle Menschen erfreuen sich nämlich an fleischlichen Dingen, so wie das Korn in der Spreu. Aber wer treu ist und im Inneren eine gutes Herz hat, läßt, sobald er leicht gepreßt wird, die fleischlichen Dinge zurück und eilt zum Herrn. [...] Nachdem der Weizen aber gedroschen worden ist, liegt er zusammen mit der Spreu auf einem Haufen; hernach wird er geworfelt, um von der Spreu getrennt zu werden. So findet man auch in der Kirche Gläubige und Ungläubige vermischt, und die Verfolgung fährt wie der Wind in diesen Haufen hinein, damit das, was von der Wurfschaufel Christi in die Höhe geworfen wurde und zuvor schon sich durch sein Tun unterschied, nun auch an unterschiedlichen Orten zu liegen kommt. [...] (Pseudo-Chrysostomus)

 
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